Zitat von Anthea im Beitrag #71
Ich finde es gut, wenn Gedichte kommentiert, bzw. interpretiert werden.
Na gut, dann versuche ich mich mal in einer Interpretation.
"Ich kenn eine Meinungsschmiede,
die ist ethisch so verpeilt"
Es ist naheliegend, dass der Dichter damit ein bestimmtes Forum meint. Und wie schon ein bekannter, nicht mehr unter den Lebenden weilender Politiker einst gedichtet hat ("Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt's einen, der die Sache regelt."), so gehört auch zu jeder Schmiede ein Schmied, der bestimmt, welche Eisen im Feuer liegen. Hat ein Schmied keine oder die falschen Eisen im Feuer, handelt er orientierungslos, also verpeilt.
"wie der dumme Friedhofsfriede,
der in euren Herzen weilt"
Damit will der Dichter wohl andeuten, dass, wer sich für Frieden einsetzt, orientierungslos handelt.
"jetzt, in diesem Jahr der Schweine!"
Was der Dichter damit sagen will, ist nicht ganz klar; wahrscheinlich ist das eine Anspielung auf die rosaroten Paarhufer, die in der Meinungsschmiede gerne als Metapher zitiert werden.
"Wo holt ihr den Dummsinn her?"
Offensichtlich eine rhetorische Frage; dahinter verbirgt sich die Aufforderung, mit Fakten statt mit Vorurteilen zu argumentieren und seriöse Quellen zu zitieren.
"Herzen hart wie Wackersteine -
und die schlagen auch nicht mehr!
Ihr seid so verstandestrübe,
resistent für jeden Rat!
Was euch treibt, ist nicht die Liebe -
sodern nur ein Fremddiktat...
Vor den Köpfen lauter Bretter,
in demselben nichts als Holz!,
taub für jedes Donnerwetter -
aber darauf auch noch stolz..."
Nun, damit schildert der Dichter wortreich ein Phänomen, das in Meinungsschmieden häufig anzutreffen ist: die Faktenresistenz und der Hang zu Verschwörungstheorien. Da werden Meinungen ständig wiederholt, die schon längst widerlegt sind, aber nicht in das Weltbild Mancher passen. Beispiele dafür gibt es zuhauf: Corona, Nahostkonflikt, Klimawandel ...