#31

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 27.07.2017 22:55
von Gelöschtes Mitglied
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Zitat
Faktisch geschieht doch das was Sie fordern.Die Schulden des Staates werden von den Bürgern aufgebracht(wenn auch nicht von den Vermögenden).Nichts anderes bedeutet es doch wenn Steuern,Sozialabgaben erhöht und Renten sowie Löhne gesenkt werden.Hat das irgendwie die Schuldenlast Griechenlands senken können?Das Gegenteil ist der Fall,die griechischen Schulden sind weiter gestiegen und,wie Sie selbst schreiben,die Wirtschaft weiter auf Talfahrt.Nur mit einem beherzten Schuldenschnitt hätte GR überhaupt eine Chance wieder auf die Beine zu kommen.Alles andere führt zu einer Schuldsklaverei.Das kann man machen und macht es auch,auf Dauer wird man damit aber den Extremismus auch in GR fördern.Niemand kann annehmen,dass die Griechen unendlich leidensfähig sind,irgendwann wird das Fass überlaufen.




Faktisch ist das, was in Griechenland passiert, etwas ganz anderes als das, was ich fordere. In Girechenland regieren derzeit die Schuldner - nicht die eigene gewählte Regierung. In Griechenland verlieren Rentner, sozial Schwache und viele normale Arbeit ihre Erwerbsarbeit und ihr niedrieges Einkommen/Rente. Und bezahlt werden davon nicht die Schulden, sondern nur die Zinsen sowie die Fehlbeträge im Haushalt.
Längst nicht alle Griechen werden an den Belastungen mit beteiligt - viele reichere Griechen konnten sich immer entziehen, und können das auch jetzt noch hervorragend.

Mit einem Reformansatz wie dem der Bürgerschulden wären die Schuldner sofort bedient worden. Neue Schuldner wären für 60 Jahre die eigenen Bürger Griechenlands. Die Bürger hätten damit ihre Rechte beibehalten - die Demokratie wäre gestärkt, und nicht geschwächt worden.
Mit einer Streckung der Tilgung auf mindestens 60 Jahre wären die järhlichen Belastungen der einzelnen Bürger einer moderat höheren Besteuerung gleich gekommen. Das ist etwas anderes wie die verfehlte Sozial- und Wirtschaftspolitik, die faktisch zu mehr Arbeitslosigkeit und weniger Einkommen und in der Folge auch zu niedrigeren Steuereinnahmen führt.
Mit der Verteilung der Lasten entsprechend der Vermögenssituation hätte es nicht die Ärmsten getroffen - sondern die, die es sich leisten können - und das auch nur moderat.
Rentner und andere hätte es auch bei mir schon noch getroffen - weil das Staatsdefizit, also die Unterfinanzierung auch der Sozialsysteme - in jedem Fall so oder so beseitigt werden musste. Aber - nicht auf der Basis einer Wirtschaft die man abwürgt, sondern auf Basis von gesunden Reformen, die die volle Handlungsfreiheit des Staates sogar wieder erhöhen, und die Bürger wieder zu Herren im eigenen Land machen.

Faktisch ist das was ganz anderes, als das, was die letzten Jahre bis heute passiert ist.


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#32

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 28.07.2017 10:21
von fjodorov (gelöscht)
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Zitat von Atue im Beitrag #31
[quote]

Faktisch ist das, was in Griechenland passiert, etwas ganz anderes als das, was ich fordere. In Girechenland regieren derzeit die Schuldner - nicht die eigene gewählte Regierung. In Griechenland verlieren Rentner, sozial Schwache und viele normale Arbeit ihre Erwerbsarbeit und ihr niedrieges Einkommen/Rente. Und bezahlt werden davon nicht die Schulden, sondern nur die Zinsen sowie die Fehlbeträge im Haushalt.
Längst nicht alle Griechen werden an den Belastungen mit beteiligt - viele reichere Griechen konnten sich immer entziehen, und können das auch jetzt noch hervorragend.

Mit einem Reformansatz wie dem der Bürgerschulden wären die Schuldner sofort bedient worden. Neue Schuldner wären für 60 Jahre die eigenen Bürger Griechenlands. Die Bürger hätten damit ihre Rechte beibehalten - die Demokratie wäre gestärkt, und nicht geschwächt worden.
Mit einer Streckung der Tilgung auf mindestens 60 Jahre wären die järhlichen Belastungen der einzelnen Bürger einer moderat höheren Besteuerung gleich gekommen. Das ist etwas anderes wie die verfehlte Sozial- und Wirtschaftspolitik, die faktisch zu mehr Arbeitslosigkeit und weniger Einkommen und in der Folge auch zu niedrigeren Steuereinnahmen führt.
Mit der Verteilung der Lasten entsprechend der Vermögenssituation hätte es nicht die Ärmsten getroffen - sondern die, die es sich leisten können - und das auch nur moderat.
Rentner und andere hätte es auch bei mir schon noch getroffen - weil das Staatsdefizit, also die Unterfinanzierung auch der Sozialsysteme - in jedem Fall so oder so beseitigt werden musste. Aber - nicht auf der Basis einer Wirtschaft die man abwürgt, sondern auf Basis von gesunden Reformen, die die volle Handlungsfreiheit des Staates sogar wieder erhöhen, und die Bürger wieder zu Herren im eigenen Land machen.

Faktisch ist das was ganz anderes, als das, was die letzten Jahre bis heute passiert ist.


Zunächst gehe ich davon aus,dass Sie meinten,die Gläubiger und nicht die Schuldner,regieren in Griechenland.Sicher ein Faselfehler von Ihnen.Wir stimmen überein,dass die Vermögenden in GR nicht zur Schuldentilgung herangezogen werden.Das ist nicht hinnehmbar aber offensichtlich von den Gläubigern so gewollt.Ihr Vorschlag,die Schuldenrückzahlung auf 60 Jahre zu strecken erscheint mir nicht sehr sinnvoll,denn in dieser langen Zeit laufen extreme Zinsen auf.Ich weiß nicht wieviele Tomaten,Zuchinis und Oliven GR exportieren muss um seine Schulden begleichen zu können selbst auf einen Zeitraum von 60 Jahren hin,aber ich halte es schlicht für aussichtslos dass GR jemals seine Schulden begleichen wird.Auch wenn ich den IWF sehr kritisch sehe stimme ich mit ihm überein,dass nur ein radikaler Schuldenschnitt dem Land eine Chance bietet.


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#33

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 30.07.2017 00:28
von Gelöschtes Mitglied
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Zitat
Zunächst gehe ich davon aus,dass Sie meinten,die Gläubiger und nicht die Schuldner,regieren in Griechenland.Sicher ein Faselfehler von Ihnen.Wir stimmen überein,dass die Vermögenden in GR nicht zur Schuldentilgung herangezogen werden.Das ist nicht hinnehmbar aber offensichtlich von den Gläubigern so gewollt.Ihr Vorschlag,die Schuldenrückzahlung auf 60 Jahre zu strecken erscheint mir nicht sehr sinnvoll,denn in dieser langen Zeit laufen extreme Zinsen auf.Ich weiß nicht wieviele Tomaten,Zuchinis und Oliven GR exportieren muss um seine Schulden begleichen zu können selbst auf einen Zeitraum von 60 Jahren hin,aber ich halte es schlicht für aussichtslos dass GR jemals seine Schulden begleichen wird.Auch wenn ich den IWF sehr kritisch sehe stimme ich mit ihm überein,dass nur ein radikaler Schuldenschnitt dem Land eine Chance bietet.



JA - sorry, ich meinte natürlich Schuldner!

Die Schuldenrückzahlung von 60 Jahren wäre dramatisch schnell! Bei Staatsschulden gehen wir heute davon aus, dass diese faktisch eher nie zurückgezahlt werden. Dem konkreten Schuldner zahlt man schon nach ein paar Jahren was zurück - aber das finanziert man über neue Schulden - oft beim selben Schuldner.

Ich schlage ja über die Bürgerschuld vor, dass als Schuldner die eigenen Bürger einspringen müssen - zwangsweise.
Da sind 60 Jahre lange genug, dass die Rückzahlugnsbeträge niedrig genug bleiben. Aber gleichzeitig sind 60 Jahre kurz genug, um das Drama auch nachhaltig zu beenden.

Wie viele Zinsen auflaufen - das liegt dann an jedem Bürger selbst. Denn ich würde jedem Bürger die Möglichkeit geben, deutlich schneller zu tilgen - also Tilgung jederzeit möglich - auch in allen denkbaren Teilschritten......

Das Maximum wären 60 Jahre - aber viele würden - gerade um Zinsen zu sparen - deutlich schneller tilgen.

Dass Griechenland ein Schuldenschnitt theoretisch helfen könnte - da stimme ich überein. Praktisch ist ein Schuldenschnitt politisch äußerst schwer vermittelbar. Praktisch ist ein Schuldenschnitt derzeit nichts anderes als ein Umschulden auf andere Länder......und warum der deutsche Staatshaushalt mal eben so aus dem Nichts ein paar Milliarden von Griechenland an Schulden übernehmen soll......ist vor allem schwer vermittelbar.


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#34

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 30.07.2017 10:37
von Luftdrache (gelöscht)
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Zitat von Atue im Beitrag #33

Ich schlage ja über die Bürgerschuld vor, dass als Schuldner die eigenen Bürger einspringen müssen - zwangsweise.
Da sind 60 Jahre lange genug, dass die Rückzahlugnsbeträge niedrig genug bleiben. Aber gleichzeitig sind 60 Jahre kurz genug, um das Drama auch nachhaltig zu beenden.



Warum sollen die Bürger bezahlen, wovon Banken und Privatunternehmen profitiert haben? Dann doch lieber ehrlich ran an die Unternehmen!


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#35

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 31.07.2017 00:49
von Gelöschtes Mitglied
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Zitat
Warum sollen die Bürger bezahlen, wovon Banken und Privatunternehmen profitiert haben? Dann doch lieber ehrlich ran an die Unternehmen!



In Griechenland sind das Problem die Staatsschulden. Für den Staat haften die Bürger.
Dass der Staat ggf. Banken und Privatunternehmen gerettet hat, ist schon auch richtig - aber das könnten die Bürger wiederum ändern - haben sie aber nicht. Also stehen sie in der Verantwortung.

Die Banken einfach fallen zu lassen, ist keine sonderlich gute Idee. Ein Staat ohne funktionierendes Bankwesen ist recht fragil.

Die Fehler in Griechenland wurden nicht zum Zeitpunkt der Bankenpleiten gemacht - sondern in den Jahren davor. Verantwortlich für fehlende Kontrolle und fehlende steuernde Gesetze war der Staat - einmal mehr sind die Bürger dafür in Haftung zu nehmen.

Nur - WIE man sie in Haftung nimmt - bzw. wie sie sich in Haftung nehmen lassen - das ist nicht beliebig. Das wäre auch anders möglich gewesen - beispielsweise durch die Einführung der Bürgerschuld.


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#36

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 31.07.2017 18:22
von Luftdrache (gelöscht)
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Zitat von Atue im Beitrag #35

Zitat
Warum sollen die Bürger bezahlen, wovon Banken und Privatunternehmen profitiert haben? Dann doch lieber ehrlich ran an die Unternehmen!


In Griechenland sind das Problem die Staatsschulden. Für den Staat haften die Bürger.



Zunächst einmal ist auch das in Griechenland tätige Unternehmen eine juristische Person im Staate. Damit kann ich für die Schuldenhaftung also genau so gut damit argumentieren, wenn es um die Unternehmen geht. Da weiter das Grundprinzip Staatsschulden = Unternehmensgewinne gilt, wäre es erst Recht und billig, die Profitieure der Schulenkrise auch zum Schuldendienst heranzuziehen. Warum den unbeteiligten Bürger mit den Staatsschulden belasten?

Zitat

Dass der Staat ggf. Banken und Privatunternehmen gerettet hat, ist schon auch richtig - aber das könnten die Bürger wiederum ändern - haben sie aber nicht. Also stehen sie in der Verantwortung.



Die Argumentationsfigur ist neoliberal geprägt. Das qualifiziert das Argument nicht ab, begrenzt seine Gültigkeit aber auf wirtschaftsliberale Grundannahmen. In jedem anderen denkbaren Fall ist das Argument damit nicht gültig. Damit meine ich durchaus eine sozial-liberale Sichtweise.
Weiter wäre ja auch dem Management der Unternehmen die Wahlmöglichkeit gegeben, einem Anfall von Herzensgüte zu erliegen und Griechenland seine Schulden zu erlassen. Also nochmal, warum die Bürger?

Zitat

Die Banken einfach fallen zu lassen, ist keine sonderlich gute Idee. Ein Staat ohne funktionierendes Bankwesen ist recht fragil.



In Island und Portugal hat die Strategie ohne Probleme funktioniert. Die Praxis belehrt dein Argument eines Besseren.
Weitere denkbare Alternative - sozusagen im Worst Case Fall: Beim Ausstieg aus dem Euro kann mit einer neuen Drachme auch das Bankwesen vorübergehend verstaatlicht werden.

Zitat

Die Fehler in Griechenland wurden nicht zum Zeitpunkt der Bankenpleiten gemacht - sondern in den Jahren davor. Verantwortlich für fehlende Kontrolle und fehlende steuernde Gesetze war der Staat - einmal mehr sind die Bürger dafür in Haftung zu nehmen.



Aus einer neidvollen westeuropäischen Sichtweise, die ihre Fälle - pardon ihre Gelder - den Bach runter schwimmen sieht.

Zitat

Nur - WIE man sie in Haftung nimmt - bzw. wie sie sich in Haftung nehmen lassen - das ist nicht beliebig. Das wäre auch anders möglich gewesen - beispielsweise durch die Einführung der Bürgerschuld.



Da kommen wir zu einem weiteren entscheidenden Gegenargument: Die Bevölkerung in Griechenland ist inzwischen soweit verarmt, dass dies kaum noch möglich sein wird. Das sinnbildliche Armenhaus Europas kannst du nicht weiter schröpfen.

Die ehrlichste Lösung der europäischen Finanzkrise wäre letztlich klarer Schuldenschnitt und die Einführung von Eurobonds.



zuletzt bearbeitet 31.07.2017 18:30 | nach oben springen

#37

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 01.08.2017 00:22
von Gelöschtes Mitglied
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Zitat
Zunächst einmal ist auch das in Griechenland tätige Unternehmen eine juristische Person im Staate. Damit kann ich für die Schuldenhaftung also genau so gut damit argumentieren, wenn es um die Unternehmen geht. Da weiter das Grundprinzip Staatsschulden = Unternehmensgewinne gilt, wäre es erst Recht und billig, die Profitieure der Schulenkrise auch zum Schuldendienst heranzuziehen. Warum den unbeteiligten Bürger mit den Staatsschulden belasten?



Legitim ist jedes Argument - es drückt letzten Endes die Sichtweise des Argumentierenden aus.
Ich halte die Idee, dass juristische Personen besonders interessant für den Staat sind, für ziemlich falsch. Unterm Strich gehört jede juristische Person ein oder mehreren natürlichen Personen. Dazu kommt noch: Unternehmen zahlen keine Steuern. Sie kalkulieren Steuern vielmehr in ihre Preise ein - was dazu führt, dass Steuern und Abgaben im Produktionsprozess zwar regulierend seitens des Staates genutzt werden können - aber faktisch bezahlen muss sie immer der, der die Produkte des jeweiligen Unternehmens kauft.

Die Profiteure der Schuldenkrise sind nicht die juristischen Personen - sondern immer natürliche Personen. Es kann Fälle geben, in denen man an diese Profiteure Seitens eines Staates nicht herankommt, weil die natürliche Person im Ausland lebt. Dann kann es schon auch mal sinnvoll sein, Unternehmen pleite gehen zu lassen, damit man indirekt die natürlichen Personen erreicht.

Im Bereich der Banken ist es in Griechenland aber schon ein wenig spezieller. In Griechenland standen Großbanken vor der Pleite - diese sind systemrelevant. Und ohne funktionierendes Bankwesen ist es in einem Staat ziemlich schwer.....
Darüber hinaus wäre es viel zu einfach, wenn man die Schuldenkrise Griechenlands ursächlich ausschließlich auf die Bankenkrise zurückführen würde. Auch ohne die Mißgriffe der Banken hat Griechenland schlicht und einfach beim Staat über seine Verhältnisse gelebt. Die notwendigen Bankenrettungen (die in aller Regel gar nicht Griechenland zuerst genutzt haben) wurden nur über den Staat zusätzlich abgewickelt - das Faß lief über.

Zitat
Die Argumentationsfigur ist neoliberal geprägt. Das qualifiziert das Argument nicht ab, begrenzt seine Gültigkeit aber auf wirtschaftsliberale Grundannahmen. In jedem anderen denkbaren Fall ist das Argument damit nicht gültig. Damit meine ich durchaus eine sozial-liberale Sichtweise.
Weiter wäre ja auch dem Management der Unternehmen die Wahlmöglichkeit gegeben, einem Anfall von Herzensgüte zu erliegen und Griechenland seine Schulden zu erlassen. Also nochmal, warum die Bürger?



Also ich bin geprägt von meinen eigenen Überzeugungen. Diese sind in gewissem Sinne neoliberal - in vielerlei Hinsicht sind sie weitaus sozialer als die Sozialdemokratie die nächsten 100 Jahre werden wird.
Der Idee, dass das Management von Unternehmen einen Anfall von Herzensgüte bekommen soll, geht schlicht und einfach an gesellschaftlicher Realität vorbei. Wieder wird dem Irrtum unterlegen, dass es sich bei Unternehmen um natürliche Personen handelt - doch genau das ist nicht der Fall. Unternehmen haben gesellschaftlich genau einen Zweck - nämlich eine Aufgabe wirtschaftlich so zu erfüllen, dass diese zu möglichst niedrigen Kosten erfüllt wird.

Dass manche Unternehmen darüber hinaus auch bemüht sind, soziale, umweltpolitische oder sonstige nette Ziele mit zu erreichen, hat vor allem Marketinggründe - ohne wirtschaftlichkeit ist kein einziger Betrieb auf Dauer denkbar.
Nun also auf die schmale Idee zu kommen, dass gerade diese juristischen Personen ihre ureigensten Ziele (Schutz der Vermögen der Anteilseigner) aufgeben sollen, um stattdessen soziale Ziele zu verfolgen - zeigt von wenig Durchblick, wie Wirtschaft funktioniert. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Wirtschaftsunternehmen im Sozialismus oder Kapitalismus handelt - die Gesellschaft ist relativ egal für die Unternehmenszwecke.

Schuster bleib bei deinen Leisten - Unternehmen können besonders gut das, was sie können.
Den Staatshaushalt zahlen so oder so immer die Bürger. Allenfalls kann man über Unternehmen versuchen, einen Teil des Haushaltes von Bürgern anderer Länder bezahlen zu lassen.

In industrialisierten Ländern ist der Anteil der Fremdfinanzierung allerdings regelmäßig gering. Und wenn man nur wenig darüber nachdenkt ist auch schnell klar, warum das so sein sollte....

Zitat
In Island und Portugal hat die Strategie ohne Probleme funktioniert. Die Praxis belehrt dein Argument eines Besseren.
Weitere denkbare Alternative - sozusagen im Worst Case Fall: Beim Ausstieg aus dem Euro kann mit einer neuen Drachme auch das Bankwesen vorübergehend verstaatlicht werden.



Island und Portugal sind durchaus unterschiedlich gegen durchaus unterschiedliche Probleme vorgegangen. Systemrelevante Banken wurden in beiden Staaten nicht fallengelassen. Das Beispiel taugt also nicht.
Gerade Island hatte ein Bankensystem, was für den eigenen Staat viel zu groß war - im Zuge der Finanzkrise hat Island seine Bankenlandschaft neu sortiert - durchaus mit Hilfe internationaler Kreditgeber - wohlgemerkt Kreditgeber, was bedeutet, dass faktisch die Schulden von Banken in Schulden des Staates Island überführt wurden - die nun vom Steuerzahler in Isalnd bezahlt werden müssen.

Island hat seine Krisenbanken faktisch zumindest temporär verstaatlicht......also auch die Bankenkrise (eine Krise von juristischen Personen) überführt in eine Staatsfinanzierungskrise. Diese war leichter zu bewältigen, weil hinter dem Staat seine Bürger stehen.

Zitat
Aus einer neidvollen westeuropäischen Sichtweise, die ihre Fälle - pardon ihre Gelder - den Bach runter schwimmen sieht.



Ich bin gespannt auf qualifizierte Ausführungen dazu, warum Griechenlands Haushalt vor der Finanzkrise völlig unkritisch gewesen sein soll......

Wenn es westeuropäische Sichtweise ist, dass überschuldete Staaten ein Problem der Finanzierung haben, dann hat Griechenland schmerzlich erfahren, dass es Bestandteil der westlichen Welt ist - denn es konnte sich nicht mehr ohne hilfe finanzieren. MEIN Plan wäre eine Alternative gewesen - eine echte Alternative! Eine, die die Demokratie gestärkt hätte.

Zitat
Da kommen wir zu einem weiteren entscheidenden Gegenargument: Die Bevölkerung in Griechenland ist inzwischen soweit verarmt, dass dies kaum noch möglich sein wird. Das sinnbildliche Armenhaus Europas kannst du nicht weiter schröpfen.

Die ehrlichste Lösung der europäischen Finanzkrise wäre letztlich klarer Schuldenschnitt und die Einführung von Eurobonds.



Selbst heute wäre mein Lösungsansatz für Griechenland machbar. Wer verarmt ist, muss keinen Beitrag bezahlen. Es ist aber falsch, dass DIE Bevölkerung Griechenlands verarmt wäre.....tatsächlich ist doch ein nicht ganz so kleiner Teil mit nur wenig Blessuren davongekommen - und einige wenige konnten sich sogar bereichern. Der größere Teil der Griechen leidet. Nur - das spricht nicht gegen, sondern sogar für meinen Ansatz, endlich die Probleme Griechenlands solidarisch entsprechend dem Vermögen der Griechen anzugehen.

Ein Schuldenschnitt ist die Wahrscheinlichste Lösung - die ehrlichste ist sie nicht. Denn faktisch können die Schuldner von Griechenland eigentlich nichts dafür, dass die Griechen mit ihrem Staat über ihre Verhältnisse gelebt haben.

Eurobonds sind so verkehrt nicht - allerdings sind sie die Antwort auf ein Problem, das Griechenland faktisch nicht mehr hat. Eurobonds helfen dabei, dass ein Staat des Euroraumes sich zu einem niedrigen Zinssatz verschulden kann. Tatsächlich spielen aber die Zinszahlungen aktuell in Griechenland kaum mehr eine Rolle - der Zinssatz ist schon nahe Null.

Eurobonds helfen nicht dabei, wenn Staaten über ihre Verhältnisse leben. Eurobonds sind insofern allenfalls ein Hilfsmittel, damit angeschlagene Staaten noch Kredite bekommen. Spannender wäre aber, wie man verhindern kann, dass Staaten diese überhaupt benötigen.

Man kann dies über einen Finanzausgleich innerhalb der Eurozone organisieren - das aber ist schwer. Heute schon argumentiert im reichen Deutschland regelmäßig Bayern so, dass sie die Zahlmeister der Nation wären.....was können wir uns vorstellen, was alles so verargumentiert würden, wenn wir das Problem in weitaus größerem Maßstab auf Europa anwenden.

Tatsächlich wäre es deutlich einfacher, statt dessen erst mal in jedem Staat zu schauen, was national geht.....und da geht ziemlich viel - auch in Griechenland. Bis heute wäre eine klare Alternative zum Abwürgen der Wirtschaft die Umschuldung auf Bürgerschulden.


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#38

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 01.08.2017 19:00
von fjodorov (gelöscht)
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Während Angela Merkel nach außen – und im Wahlkampf – die Europäische Union zur Schicksalsfrage erklärt, nehmen im Innern der EU die Auseinandersetzungen wieder zu. Im Brennpunkt steht dabei erneut der Umgang mit Griechenland. Die Koalition um Ministerpräsident Alexis Tsipras stimmte am 19. Mai für ein weiteres Sparpaket, das als Voraussetzung für neue „Hilfen“ von Griechenlands Gläubigern gefordert wurde. Athen ist darauf angewiesen, weil Rückzahlungen fällig werden, die aus eigener Kraft nicht gestemmt werden können.
Um die Absurdität der bisherigen „Rettungsversuche“ zu verstehen, hilft zunächst ein Blick auf die bloßen Summen, die bisher zwischen Gläubigern und Griechenland geflossen sind: Addiert man alle drei bisherigen Hilfspakete, wurde Griechenland ein Kreditrahmen von 368,6 Mrd. Euro gewährt – eine gewaltige Summe, gemessen am griechischen BIP von 176 Mrd. Euro im Jahr 2015. Allerdings wurde dieser Kreditrahmen bis 2015 nur im Umfang von 215,9 Mrd. Euro ausgeschöpft, und davon sind weniger als fünf Prozent, nämlich 10,8 Mrd. Euro, wirklich in den griechischen Staatshaushalt geflossen – wohlgemerkt als rückzahlbare, verzinsliche Kredite. Der weit überwiegende Teil floss entweder in Zinszahlungen, in die Schuldentilgung bzw. in die Umschuldung – das heißt in einen Risikotransfer von privaten Banken hin zu öffentlichen Trägern (EU, EZB, IWF, ESM) – oder, jedenfalls teilweise, in die Finanzierung von Anreizen für private Gläubiger, sich am Umschuldungsprogramm zu beteiligen.
Umgekehrt hat Griechenland im Zeitraum von 2010 bis 2015 aber 52,3 Mrd. Euro an Zinsen an seine Gläubiger gezahlt, vor allem an EU, EZB und IWF. Bis 2018, wenn das dritte Programm ausläuft, werden es sogar 70,1 Mrd. Euro sein. Der Saldo des Kapitalflusses war und ist für Griechenland also negativ – trotz aller „Hilfen“. Damit wird deutlich, dass es sich letztendlich um die Ausbeutung des griechischen Staates handelt: Diese 70,1 Mrd. Euro Zinsen entsprechen etwa 40 Prozent des gesamten griechischen BIP des Jahres 2015.

https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaeng...dnete-verarmung


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#39

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 01.08.2017 20:44
von Luftdrache (gelöscht)
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Ich denke, es hilft wenig uns um „Klein-Klein“ zu verlieren. Im Wesentlichen sollten wir auf die Thematik Griechenland zurück kommen.

Griechische Staatsschulden:
Natürlich gibt es mehr Gründe, als nur die Bankenkrise für die griechische Finanzkrise. Sicher hat Griechenland wirtschaftlich über seine Verhältnisse gelebt. Es ist aber dennoch Fakt, dass die Unternehmen die Gewinne aus dem staatlichen Konsum zu gerne in Anspruch genommen haben – und letztlich auch durch Lobbyismus zu ihren Gunsten beeinflusst.
Das private Unternehmertum hat genau so wie Staat und der Bankensektor im speziellen an der Krise mitgestrickt. Daher ist dein Loblied auf das Unternehmertum, mit Verlaub nett ausgedrückt – nicht so wirklich nachvollziehbar.

Die Frage, in wie weit ein Unternehmen juristische oder natürliche Person ist, wird nach dem Recht des jeweiligen Landes definiert. Letztlich glaube ich ist dieser Teil unserer Diskussion ein netter Ausflug gewesen, aber kein Strang, der mit dem eigentlichen Thema wirklich zu tun hat. Diesen Diskussionsstrang können wir gerne anderswo fortführen, hier blende ich ihn erstmal aus.

Wie also die griechische Finanzkrise lösen? Aus eigener Kraft durch sparen, sparen, sparen wird die Krise nicht beendet. Die Austeritätspolitik hat die griechische Wirtschaft – also auch die Bankenwirtschaft nachhaltig geschrumpft. Der einzige erfreuliche Nebenfeffekt aus dieser Tatsache dürfte die sein, dass das griechische Bankenwesen also Solches heute keine Systemrelevanz für die globalen Finanzmärkte hat. Wenn Griechenland die Möglichkeiten aus dieser Tatsache nutzen wollte, hätte es heute erst Recht den Freiraum, sich auf eine eigene Währung und die Möglichkeiten eigener Finanzpolitik zurück zu besinnen.
Dem griechischen Bürger hat die Austeritätspolitik nur Verarmung und täglichen Kampf um Obdach und trocken Brot eingebracht. Das ehemals vorhandene staatliche Tafelsilber ist bereits verscherbelt oder wird es gerade, wie am Beispiel Wasserversorgung ersichtlich. Ein Musterbeispiel neoliberalen Ausverkaufs. Und der Schuldenberg wächst und wächst trotz aller Einsparungen...
Natürlich kann jetzt über Sinn und Zweck von Unternehmen und Unternehmertum gefachsimpelt werden. Deine Definition halte ich für Unstimmig, da agrarische bzw. industrielle Produktion als auch Erbringung von Dienstleistungen nicht dem Zweck dienen, dem Akt der Produktion höchstselbst – also letztlich selbstreferenziell sich selbst - durch kostengünstig Herstellung von Waren und Dienstleitungen zu dienen. Produktion und Dienstleistungen dienen im Sinne Luhmann'scher Systemtheorie letztlich dem Zweck, die Versorgung der Menschen sicherzustellen. Aber was für einen Nutzen hat so eine Diskussion für die verarmte Bevölkerung Griechenlands? Keinen. Leerer Magen interessiert sich nicht für die Feinsinnigkeiten wirtschaftlicher Erwägungen, sondern nur für die Probleme des Alltags.

Ja, natürlich wäre es schön über dein neoliberales Ideal zu reden. Natürlich wäre es schön, sich über Wirtschaftsliberalismus und Sozialdemokratie zu ereifern. Ich erlaube mir, auch diese Diskussion nicht hier zu führen – dafür haben wir andere Themen.

Wenn es also um Lösungen geht, was bleibt?
Dein eigenes Konzept bist du bereits am abspecken. Sollte deine Bürgerschuld anfänglich für alle sein, schränkst du jetzt ein, dass Arme ja nicht unbedingt zahlen müssten. Da ein ganzes Land bereits verarmt ist, bleiben nach deiner Einschränkung fast keine Zahler mehr.
Auch die Eurobonds hatten wir schon. Kritisch wie zu deiner Bürgerschuld muss man anmerken: Die Lösung interessiert einfach niemanden. Bleibt also auch hier nur die theoretische Diskussion.
Es bleibt also ausgerechnet am vielgescholtenen IWF, einen klaren Schuldenschnitt für Griechenland von den Gläubigern zu fordern. Eine traurige Ironie, wenn man so möchte. Ausgerechnet der neoliberale IWF fordert einen Schuldenschnitt! Das ist die Lösung, um die gerungen wird und wo zumindest ein realer Spielraum zu sein scheint.
Im Fazit zeigt der IWF berechtigt doch eine Lehre aus der griechischen Finanzkrise, die eigentlich eine europäische Krise ist, auf: Wirtschaftskrisen sind heute nur noch international zu bewältigen. Das aber benötigt dann doch einen sozialdemokratischen Wert, der einer liberalen Bürgerschuld fehlt, den sozialdemokratischen Wert der (europäischen) Solidarität.


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#40

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 12.08.2017 23:56
von Gelöschtes Mitglied
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Zitat
Dein eigenes Konzept bist du bereits am abspecken. Sollte deine Bürgerschuld anfänglich für alle sein, schränkst du jetzt ein, dass Arme ja nicht unbedingt zahlen müssten. Da ein ganzes Land bereits verarmt ist, bleiben nach deiner Einschränkung fast keine Zahler mehr.
Auch die Eurobonds hatten wir schon. Kritisch wie zu deiner Bürgerschuld muss man anmerken: Die Lösung interessiert einfach niemanden. Bleibt also auch hier nur die theoretische Diskussion.
Es bleibt also ausgerechnet am vielgescholtenen IWF, einen klaren Schuldenschnitt für Griechenland von den Gläubigern zu fordern. Eine traurige Ironie, wenn man so möchte. Ausgerechnet der neoliberale IWF fordert einen Schuldenschnitt! Das ist die Lösung, um die gerungen wird und wo zumindest ein realer Spielraum zu sein scheint.
Im Fazit zeigt der IWF berechtigt doch eine Lehre aus der griechischen Finanzkrise, die eigentlich eine europäische Krise ist, auf: Wirtschaftskrisen sind heute nur noch international zu bewältigen. Das aber benötigt dann doch einen sozialdemokratischen Wert, der einer liberalen Bürgerschuld fehlt, den sozialdemokratischen Wert der (europäischen) Solidarität.



Das stimmt so nicht. Ich specke mein Konzept nicht dadurch ab, dass Arme nicht zahlen müssen. Vielmehr ergibt sich das als logische Folge daraus, dass die Bürgerschuld entsprechend dem Vermögensanteil aufgebracht werden soll. Wer nix hat, kann nichts beitragen.
Auch ist es falsch, dass ein ganzes Land verarmt wäre - es gibt nach wie vor in Griechenland ausreichend Vermögen - und es gäbe noch mehr Vermögen, wenn Griechenland das Konzept der Bürgerschuld zu Beginn der Finanzkrise angewendet hätte.

Die Eurobonds gehen aus mehreren Gründen nicht sonderlich gut. Der erste Grund ist, dass Eurobonds derzeit in den Verträgen nicht vorgesehen, sondern vielmehr sogar faktisch ausgeschlossen sind. Man müsste also die Verträge ändern - und daran haben die Geberländer kein Interesse.
Der zweite Grund ist, dass auch mit Eurobonds Griechenland derzeit nicht geholfen wäre. Denn durch die ganzen Umschuldungen zahlt Griechenland heute schon kaum mehr Zinsen - Eurobonds ändern nichts an der Schuldenlage, sondern nur was an der Zinslage.

Der Schuldenschnitt könnte eine Lösung sein - allerdings sind vor allem europäische Staaten derzeit die Gläubiger, die dann in die Röhre schauen müssten. Für Deutschland würde das bedeuten: Wir erlassen Griechenland einige Milliarden Schulden - was faktisch bedeutet, dass die deutschen Schulden steigen. Rechtlich ist auch dies nicht ganz unproblematisch - populär ist diese Maßnahme ganz sicher nicht!

Auch wenn du nicht über die Bürgerschulden reden willst - tatsächlich wären die Bürgerschulden eine klare Alternative zu all den Möglichkeiten, die sonst genannt wurden, die aber keiner will. Und: Die Bürgerschulden könnten die Griechen sofort und ohne EU angehen - sie würden ihre Souveränität wieder zurückbekommen.

Gerade weil ich nicht im Klein-Klein verharren will, habe ich nach einer Alternative gesucht, die machbar wäre.

Wahrscheinlich kommt ein wie auch immer gearteter Schuldenschnitt - der hilft am Ende vor allem der AFD und ähnlichen Parteien in den anderen Ländern Europas.


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#41

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 13.08.2017 15:21
von Luftdrache (gelöscht)
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Hallo Atue,

natürlich können wir gerne theoretisieren. Die Bürgerschuld als Rettung Griechenlands und der EU zugleich. Hört sich zu gut an, um wahr zu sein. Umgesetzt werden wird sie dennoch nie, denn wie du selbst schriebst:

Zitat von Atue im Beitrag #29
Das Problem an meinem Vorschlag ist, dass eine Regierung ohne starken Rückhalt eine solche Reform (Umschuldung von Staatsschulden auf Bürgerschulden) kaum übersteht.


Damit lieferst du bereits ein entscheidendes Gegenargument gegen deine Idee.
Zum anderen: Bei der bestehenden Armut in Griechenland, wer kann und wird denn noch zahlen und damit zur Bürgerschuld beitragen? Wie alle anderen Rettungsvorschläge Jahre zu spät.

Die Eurobonds sind neben dem Schuldenschnitt eine ehrliche europäische Lösung für die griechische Schuldenlast. Beide Ansätze kritisierst du. Warum eigentlich? Warum die griechischen Staatsschulden im Negativen sozialisieren und der Allgemeinheit aufbürden? Warum nicht all die Gläubiger und vor allem Banken zur Kasse bitte, die an den griechischen Schulden verdient haben?
Neben praktischen und wirtschaftspolitischen Fragen ist dies zugleich eine wirtschaftsehtische Frage!


Zu deiner Kritik der Eurobonds:

Zitat
Die Eurobonds gehen aus mehreren Gründen nicht sonderlich gut. Der erste Grund ist, dass Eurobonds derzeit in den Verträgen nicht vorgesehen, sondern vielmehr sogar faktisch ausgeschlossen sind. Man müsste also die Verträge ändern - und daran haben die Geberländer kein Interesse.
Der zweite Grund ist, dass auch mit Eurobonds Griechenland derzeit nicht geholfen wäre. Denn durch die ganzen Umschuldungen zahlt Griechenland heute schon kaum mehr Zinsen - Eurobonds ändern nichts an der Schuldenlage, sondern nur was an der Zinslage.



Die Umkehrung der Sichtweise auf die der Geberländer ist kein Argument. Auch die Geberländer haben jeweils die Wahl gehabt, ihre Griechenlandhilfe fortzuführen oder einzustellen. Die Griechenlandhilfe generiert neue Staatsschulden bei unserem südlichen EU-Partner, die letztlich Bankengewinne v.a. in den Geberländern sind. Die Mär von den armen, armen Geberländern ist anhand dieser klaren Wirtschaftsinteressen wohl widerlegt.

Eurobonds wären eine Lösung, die entstandenen gegenseitigen Abhängigkeiten wieder ein Stück zu entflechten und beidseitig Spielräume zur Lösung der Krise zu schaffen.
Inwieweit die EU-Verträge Eurobonds vorsehen ist wohl eher nebensächlich. Der Brexit zeigt doch, dass Tatsachen wie der EU-Austritt Großbritanniens zwar Zeit benötigt, aber durch die Realität des Faktischen sich praktikable Umsetzungswege schafft.
Dein zweites Argument kann ein Gegenargument darstellen, sofern der Status Quo der EU beibehalten werden soll. Sofern eine vertiefte europäische Integration angestrebt würde, würde dies kein Gegenargument mehr sein.
Wir wissen aber beide, dass die Frage der Weiterentwicklung der europäischen Idee in allen Ländern konträr diskutiert wird. Daher muss ich deine Kritik ehrlicherweise gelten lassen.


Zu deiner Kritik des Schuldenschnitts:

Zitat
Der Schuldenschnitt könnte eine Lösung sein - allerdings sind vor allem europäische Staaten derzeit die Gläubiger, die dann in die Röhre schauen müssten. Für Deutschland würde das bedeuten: Wir erlassen Griechenland einige Milliarden Schulden - was faktisch bedeutet, dass die deutschen Schulden steigen. Rechtlich ist auch dies nicht ganz unproblematisch - populär ist diese Maßnahme ganz sicher nicht!



Den Forderungen der Gläubiger gegen Griechenland stehen sowieso keine realen Gegenwerte gegenüber. Seit Jahren hätten die Länderhaushalte also bereits um die real gesehen Schulden bereinigt werden müssen.
Insofern sehe ich auf dieser Basis kein Argument gegen einen Schuldenschnitt.

Zitat
Wahrscheinlich kommt ein wie auch immer gearteter Schuldenschnitt - der hilft am Ende vor allem der AFD und ähnlichen Parteien in den anderen Ländern Europas.



Ein Schuldenschnitt ist trotzdem inhaltlich richtig. Außer dem Schuldenschnitt hat bislang niemand Lösungen vorgelegt, die auch wirklich in Eigenregie eines Gläubiger-Landes umzusetzen wäre. Alle anderen Lösungen erfordern den Kompromiss mehrerer Länder, den niemand eingehen will.


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#42

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 13.08.2017 16:38
von Luftdrache (gelöscht)
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Um den letzten Punkt zu ergänzen: Einen Schuldenschnitt endlich in den berechtigten Zusammenhang mit europäischer Solidarität zu stellen, könnte ein Erklärungsangebot linker Politik sein. Europäische Solidarität als der Grundwert, der glaubwürdig über snöde Egoismen hinaus reicht.


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#43

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 14.08.2017 00:05
von Gelöschtes Mitglied
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Hallo Luftdrache,

Zitat
ie Eurobonds sind neben dem Schuldenschnitt eine ehrliche europäische Lösung für die griechische Schuldenlast. Beide Ansätze kritisierst du. Warum eigentlich?



Ich kritisiere weder Eurobonds noch den Schuldenschnitt für Griechenland. Das ist ein Missverständnis. Ich habe beide Lösungen nur darauf abgeklopft, ob ich es für realistisch halte, dass diese kommen und dann auch noch helfen.

Bei den Eurobonds glaube ich nicht, dass diese kommen - weil sie den Verträgen widersprechen. Darüber hinaus halte ich die Eurobonds für die falsche Antwort auf das reale Problem Griechenlands. Durch die Einführung von Eurobonds werden keine Schulden beseitigt, sondern die heute schon niedrigen Zinsen griechischer Staatsanleihen dauerhaft. Die Schuldenlast an und für sich ändert sich durch die Höhe der Zinsen aber nicht.

Den Schuldenschnitt - da glaube ich, dass dieser irgendwie kommt. Aber er muss gut versteckt werden - denn in jedem einzelnen Land, was bei einem Schuldenschnitt Minus macht, muss das betroffene Land diese Entscheidung gegenüber der eigenen Bevölkerung rechtfertigen.

Nachdem die griechischen Schulden zu deutlichen Teilen so strukturiert wurden, dass die entsprechenden Staatsschulden Griechenlands bei europäischen Staaten zu leisten sind, bedeutet ein Schuldenschnitt sofort, dass die Entschuldung griechischer Bürger mit der Verschuldung von anderen Bürgeren anderer EU-Staaten einher geht.

Das ist ein argumentatives Problem!

In der Sache sind wir dabei nicht sonderlich weit auseinander. Faktisch aber wird Frau Merkel kaum die eigene Regierung riskieren, um die griechische Regierung zu retten......das ist das Problem!

Was also passieren wird ist, ein wie auch immer geartetes kompliziertes Verschleierungsverfahren, bei dem die griechischen Staatsschulden gesenkt werden können, ohne dass offensichtlich wird, dass andere Staaten diese Schulden übernehmen oder stunden.

Inhaltlich richtig wäre die Umsetzung der Bürgerschuld. Die Zweitbeste Lösung ist der Schuldenschnitt. Was kommen wird ist irgendein merkwürdiger Verschleierungsmischmasch - gemäß dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.....


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#44

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 16.08.2017 18:12
von Luftdrache (gelöscht)
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Hallo Atue,

Ich muss dir in der Analyse, dass der Schulenschnitt kommen wird nur zustimmen. Einmal gänzlich unabhängig von der Betrachtung der Nützlichkeit dieser Instrumente ist zu Eurobonds und Bürgerschulden festzuhalten, dass sie politisch aus verschiedensten Gründen nicht durchsetzbar sind.

Zitat von Atue im Beitrag #43

Den Schuldenschnitt - da glaube ich, dass dieser irgendwie kommt. Aber er muss gut versteckt werden - denn in jedem einzelnen Land, was bei einem Schuldenschnitt Minus macht, muss das betroffene Land diese Entscheidung gegenüber der eigenen Bevölkerung rechtfertigen.


Das ist die Frage. Ich glaube schon, dass es gute Argumente gibt, einen Schuldenschnitt begründet zu erklären. Vermutlich ist ein Schuldenschnitt am schwersten für konservative Parteien als Träger der bisherigen Austeritätspolitik vermittelbar.

Zitat

Nachdem die griechischen Schulden zu deutlichen Teilen so strukturiert wurden, dass die entsprechenden Staatsschulden Griechenlands bei europäischen Staaten zu leisten sind, bedeutet ein Schuldenschnitt sofort, dass die Entschuldung griechischer Bürger mit der Verschuldung von anderen Bürgeren anderer EU-Staaten einher geht.



Mag rechnerisch stimmen. Durch die ganzen Privatisierungen ist ein realer Gegenwert zu den griechischen Staatsschulden aber bereits seit längerem nicht vorhanden. Die Schulden, die jetzt sichtbar würden, bestehen eh bereits seit längerem. Den Gewinn der griechischen Finanzkrise haben private Unternehmen in aller Ruhe einkassiert.
Auch hier gibt es also eine politische Wahl: Bedeutet ein Schuldenschnitt für Griechenland Staatsschulden in anderen Ländern oder holen sich die Gläubiger-Länder über eine Sondersteuer das Geld von den Profiteuren, den Banken und Großunternehmen, zurück?
Das argumentative Problem das du siehst, müsste also keins sein.

Zitat

In der Sache sind wir dabei nicht sonderlich weit auseinander. Faktisch aber wird Frau Merkel kaum die eigene Regierung riskieren, um die griechische Regierung zu retten......das ist das Problem!



Da gebe ich dir Recht.

Zitat
Was also passieren wird ist, ein wie auch immer geartetes kompliziertes Verschleierungsverfahren, bei dem die griechischen Staatsschulden gesenkt werden können, ohne dass offensichtlich wird, dass andere Staaten diese Schulden übernehmen oder stunden.

Inhaltlich richtig wäre die Umsetzung der Bürgerschuld. Die Zweitbeste Lösung ist der Schuldenschnitt. Was kommen wird ist irgendein merkwürdiger Verschleierungsmischmasch - gemäß dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.....



In gewissem Sinne sind unsere Einschätzungen nahe beieinander, wenn man von bestimmen Nuancen absieht, richtig.
In einer Sache hast du natürlich Recht: Es kann nicht gut sein, einen ggf. Schuldenschnitt intransparent zu gestalten. Fast muss man annehmen, dass solches Vorgehen neue volkswirtschaftliche Nebenkosten erzeugt.


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#45

RE: Griechenland-okkupiert von Deutschland,diesmal ohne Waffen?

in Europa 19.08.2017 00:05
von Gelöschtes Mitglied
avatar

Inzwischen hat Frau Merkel auch schon einen ersten Schritt aufgemacht, wie man den Schuldenschnitt angehen kann, und ihn dennoch gut verstecken kann.

Konkret geht es darum, dass durch die ganze Umschulderei inzwischen einiges an Schulden Griechenlands in Form von Staatsschulden bei Deutschland gelandet sind. Die entsprechenden Papiere haben Zinssätze - und die Zinsen wurden bereits bedient. Mehrere Millionen Euros hat Deutschland so an der Umschuldung bereits verdient.

Ein Vorschlag aus dem Umfeld Merkels besagt nun, dass man den Zinsgewinn ja mit Griechenland teilen könne.....

Ok - das sind noch keine großen Summen - dafür aber durchaus nachhaltige Ansätze. Sofern man den Zinsgewinn quasi dafür nutzt, die Schuldenlast zu tilgen, senkt sich quasi die Schuldenlast von selbst......

Es ist kein echter Schuldenschnitt - weshalb man das Wording vermeiden kann. Damit steht die deutsche Regierung nicht im Wortbruch zur eigenen Bevölkerung. Trotzdem verringert sich die Schuldenlast Griechenlands damit - was dann doch irgendwie wie ein Schuldenschnitt wirkt.

Man muss sich klar machen: Wenn ein Privatmensch einen Kredit aufnimmt, wird üblicherweise vereinbart, dass für diesen Kredit monatlich Zinsen und eine Tilgungsrate fällig werden. Der Kredit wird damit faktisch jeden Monat kleiner - die Zinsen niedriger, und die Tilgung größer. Bis der Kredit vollständig getilgt wurde.

Bei Staatskrediten geht man meist einen anderen Weg. Hier wird ein Kredit in Anspruch genommen, bei dem nur Zinsen fällig werden. Am Ende der Laufzeit wird der Kredit auf einen Schlag getilgt.

Merkels Vorschlag entspricht nun dem, dass man einen Kredit ohne Tilgung umwandelt in einen niedriger verzinsten Kredit mit Tilgung.

Je nach Betrachtungsweise kann man damit verargumentieren, dass die Griechen so ihre Staatsschulden doch selbst abbezahlen - man kann aber genauso gut auch argumentieren, dass Deutschland einem Schuldenschnitt zustimmt.....

Meiner Ansicht nach:
Die Kredite mit Griechenland wurden vertraglich vereinbart - inklusive einem Zinssatz. Wenn nun der Zinssatz gesplittet wird in einen Zinssatz und einer Tilgungsrate, dann verzichtet Deutschland damit auf Einnahmen, die Deutschland vertraglich erst einmal zustehen würden. Diese Einnahmen muss Deutschland ggf. aus anderen Quellen erwirtschaften - das sind dann doch wieder vor allem die deutschen Steuerzahler. So gesehen zahlt dann doch der deutsche Steuerzahler für die Schulden, die Griechenland hat.

Ich kritisiere das nicht - ich würde es nur begrüßen, wenn die Dinge nicht so versteckt angegangen würden......

Aber ich hatte das ja schon vorhergesagt - die Politik wird nach Verfahren suchen, wie sie einen Schuldenschnitt möglichst gut verstecken kann......


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