Ich finde den offenen Brief eines Polizisten zum G-20 Gipfel in Hamburg interessant:
"“Liebe Staats- und Regierungschefs, liebe Politiker in Uniform und liebe hochrangig besoldete Mitarbeiter:
Ich bin Ende 30 und Polizeibeamter. Ich versehe meinen Dienst derzeit auf einem Stadtrevier im Streifendienst, vorher habe ich einige Zeit in der Bereitschaftspolizei meines Bundeslandes den Dienst versehen. Mittlerweile bin ich seit über 15 Jahren bei der Polizei.
Ich habe durchaus gelernt, auch mal gegen meine Überzeugung zu arbeiten. Wenn ich zum Beispiel die Ablagerung von Atommüll durchsetze oder verfassungsfeindlichen Organisationen zu ihrem Recht auf Versammlung verhelfe. Ich habe Gewalt aus allen (un)politischen Richtungen erlebt, wurde bei Einsätzen verletzt und habe fast das ganze Programm bekommen, was man in diesem Beruf erleben kann. Ich weiß also, dass es nicht immer nur angenehme Aufgaben sind, die meine Kollegen und ich bewältigen.
Der von Ihnen geplante G20 setzt all diesen Dingen jedoch die Krone auf. Allein die Kosten, die vermutlich erst nach dem Gipfel abzusehen sein werden, sind eine einzige Frechheit. Soll allein die GeSa (Gefangenensammelstelle) tatsächlich über vier Millionen Euro kosten? Ihr Ernst?
Ich lade Sie gern ein, wenn Sie noch einen Programmpunkt zwischen teurem Essen und Konzertbesuch frei haben, mal eine Schicht im Streifendienst zu begleiten. Schauen sie sich gern Familien am Rande der Gesellschaft an, die wir in polizeilichen Einsätzen oft erleben.
Die Menschen, die ohne Obdach auf der Straße (er)frieren, oder die, die sich beim Discounter um die Ecke eine Packung Toastbrot und Käse klauen, um den Kindern Brote für die Schule zu machen. Ist es tatsächlich ihr Ernst, solche Schicksale tagtäglich zu dulden, um an zwei Tagen Milliarden von Euro für Ihr belangloses Stelldichein zu verschwenden, die in unseren sozialen Systemen besser angelegt wären?
Eine komplette Stadt wird lahmgelegt, damit Sie, liebe Staatschefs, Ihre Partner und Freunde, drei schöne Tage in der Hansestadt Hamburg verbringen. In meiner Ausbildung habe ich mal etwas über “Erforderlichkeit” und “Verhältnismäßigkeit” gelernt, nach deren Vorhandensein polizeiliche Maßnahmen geprüft werden sollen.
Verraten Sie mir, welchen Durchbruch erwarten Sie auf Ihrer kleinen Klassenfahrt, dass man tausende Bürger in ihren Grundrechten einschränkt, Gewerbetreibenden finanzielle Einbußen zumutet und hunderte Menschen zeitweise in ihren Wohnungen einsperrt? {.....}
Wir wissen doch alle, dass Ihr Milliardenschwerer Ausflug keinen Konflikt der Welt entschärfen, keine Hungerkrise lösen und kein Heilmittel für eine tödliche Krankheit liefern wird. Nach diesem katastrophalen G7, auf dem nicht ein Problem wirklich angegangen wurde, von dem lediglich Nachrichten über verschärfte Töne und zu fest geschüttelte Hände geblieben sind.
Was denken Sie, werden Sie auf dem G20 alles erreichen? Ich bin gespannt."
Quelle: Polizist=Mensch vom 5. Juni d.J.
Der Verfasser des offenen Briefes ist der Redaktion bekannt, wollte jedoch anonym bleiben.