Angeregt durch die Diskussion im Thema Sozialdemokratie einfach mal die Frage: Was ist eigentlich "links"?
Ich möchte nicht weiter in das Thema einführen, sondern lade vielmehr zur offenen Diskussion ein.
Links steht unter anderem für einen Ausgleich des Kräfte- und Machtverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit.
Links steht weiterhin für das Delegieren sozialer Verantwortung vom Individuum hin zum Kollektiv.
RE: Was ist eigentlich "links"?
in Politische Philosophie 08.11.2017 09:44von Anthea • | 12.633 Beiträge
Schönes Thema.
Die Begriffe links und rechts haben sich seit der Zeit der französischen Abgeordnetenkammer von 1814 so gehalten. Wo diejenigen, die rechts saßen, gesellschaftlich und politisch alles so belassen wollten, wie es war. Und die links Sitzenden jedoch politische Änderungen in Bezug auf die sozialen Verhältnisse anstrebten.
Ich war immer schon der Meinung, dass es uninteressant ist, wie sich eine Richtung nennt. Hauptsache sie nutzt den Menschen!
Heutzutage verwischen sich die Begriffe links, rechts. Bedeutet so was wie ausgerichtet auf sozial verträgliche Themen als oberstes Gebot versus die Fokussierten auf das Wohl der eigenen Nation. Oder anders: Menschen, Menschen über alles und Wirtschaft, Wirtschaft über alles… So ähnlich.
Im Grunde genommen kann auf der Verpackung rot, grün, schwarz, lila, gepunktet, kariert, gestreift – oder was auch immer - stehen, es kommt darauf an, was in dem Paket drin ist. Wenn sich die CDU als mittig betrachtet und sich als Ausgangspunkt der Richtungen versteht, dann ist von allem etwas drin. Oder soll angeblich drin sein. Abweichungen davon nach links - wobei das dann bedeuten soll, vom rechten/richtigen Weg abkommen - mit einem Hauptmerkmal auf „soziale Belange“ wie Familien, Renten, Lohngerechtigkeit werden da gerne als störend betrachtet, weil sie dem nach außen hin vermittelten resp. versucht zu vermittelndem Gesamtbild von Mitte im Sinne von gleichen Waagschalen – Bürgerwohl und Wirtschaftswohl – eine schlechte Note erteilen. Anders: Worthülsen und Lippenbekenntnisse anstatt Taten aufzeigen. Denn die Missstände zeigen sich in den „to do“-Listen der „Linken“. Mit dem Fingerzeig auf die Tatsache, dass die angebliche „Mitte“ mehr an Wirtschaftswachstum interessiert ist als an der Bearbeitung von Missständen im Bereich des „Menschlichen“.
Somit betrachte ich persönlich eine Partei, ob sie eine unter dem Gesichtspunkt der Vernunft ist. Ob ihre Politiker „Diener des Volkes“ in seiner Gesamtheit sind oder lediglich Eliten-zugewandt. Nach dem Motto: Geld hat immer zu Geld zu kommen. Und ob sie aus der Vergangenheit gelernt hat, dass „nie wieder Krieg“ fest in die Hirne eingepflanzt ist. Wobei ich da bedenkliche „Essighirne“ sehe, die nach dem Motto „Geld stinkt nicht“ Busenfreunde der Waffenexporte sind.
Um es zusammenfassend, wie es verstanden wird, zu formulieren, so kann man sagen, dass „links“ sich als sozialdemokratisch versteht. Weiter links dann wird das zu sozialistisch und kommunistisch und erhält dann eine Endung „ismus“. Das ist dann nicht mehr die linke Mitte! Dort geht es in Richtung Leninismus, Marxismus, Bolschwismus. Und in den „Extremismus“. Falsch verstandene Gerechtigkeit, die mit Gleichmacherei zu tun haben soll. Das kann nicht funktionieren und sollte es auch nicht. Denn „Leistung“ muss sich lohnen. Überall.
---
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Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
RE: Was ist eigentlich "links"?
in Politische Philosophie 08.11.2017 10:23von Anthea • | 12.633 Beiträge
Da dieser Beitrag in der Rubrik Philosophie aufgemacht wurde und ich überlegte, ihn zu verschieben, hierzu einige Auszüge aus einem Artikel der Johannes Gutenberg Universität Mainz:
"In der politischen Philosophie geht es nicht darum, wie Politik ist, sondern wie sie sein sollte. Es handelt sich also nicht um eine empirische, sondern um eine normative Disziplin. Welche politischen Ziele sind - unter welchen Bedingungen - sinnvoll oder angemessen? Welche Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele sind - unter welchen Umständen - moralisch zu rechtfertigen? Das sind zwei der allgemeinsten normativ-theoretischen Fragen, mit denen sich politische Philosophen seit langem und bis heute auseinandersetzen. Zur politischen Philosophie zählt darüber hinaus die Analyse begrifflicher Fragen, die mit normativen Fragen oft fast untrennbar verknüpft sind: Was ist sinnvollerweise gemeint mit dem Wort "Demokratie", wenn damit (heutzutage) in der Regel der einzige für legitim gehaltene politische Systemtyp bezeichnet wird? Wie ist der Begriff der Macht sinnvollerweise zu definieren, wenn die Definition einerseits der verbreiteten Vorstellung gerecht werden soll, dass es "in der Politik" vor allem um Macht geht, und andererseits die ebenso verbreitete Meinung stützen soll, dass Machtbeziehungen einer Rechtfertigung bedürfen, um akzeptabel zu sein? […]"
http://theorie.politik.uni-mainz.de/einfuehrung/
Das nur mal als Ergänzung, was dann aber mMn zu sehr in den Bereich „Grau teuer Freund ist alle Theorie…“ abdriftet. Wobei aber natürlich die Grundsatzfrage bleibt: Wie sollte Politik sein? Und was ist richtig an der „linken“ Politik und was verbesserungswürdig im Hinblick auf Einseitigkeit der Betrachtungen. Kommt etwas zu kurz?
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Rainer Maria Rilke
RE: Was ist eigentlich "links"?
in Politische Philosophie 08.11.2017 10:55von fjodorov (gelöscht)
"Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen"
Jean Jaurès (1859-1914)
RE: Was ist eigentlich "links"?
in Politische Philosophie 08.11.2017 11:08von Anthea • | 12.633 Beiträge
Zitat von fjodorov im Beitrag #7Zitat von MaMi im Beitrag #2
Links steht unter anderem für einen Ausgleich des Kräfte- und Machtverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit.
Links steht weiterhin für das Delegieren sozialer Verantwortung vom Individuum hin zum Kollektiv.
MaMi hat es kurz und knapp auf den Punkt gebracht.
Das ist ja auch durchaus richtig als oberste Prämisse. Aber wie sieht der Ausgleich aus? Genau so wenig wie es nur schwarz-weiß gibt, genau so wenig wird es mMn möglich sein, eine wirkliche Waagschale mit gleicher Ausrichtung erlangen zu können. Denn Prioritäten der einen Seite gehen dann zu Lasten der anderen. Eigentlich. Möglicherweise.
Einige Sprüche von Linken.
Der Finanzkapitalismus hat sich erledigt". Das sagte Oskar Lafontaine im Oktober 2008. Hat er aber doch nicht wirklich?
Und Saha Wagenknecht erkannte im gleichen Jahr:
"Aber wirkliche Demokratie gibt es im Kapitalismus so wenig wie in der DDR."
Das ist nun einmal das Problem. Müsste man das ganze System umkrempeln? Und wie sind dann die Kräfteverhältnisse verteilt?
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Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
RE: Was ist eigentlich "links"?
in Politische Philosophie 08.11.2017 11:32von fjodorov (gelöscht)
Zitat von Anthea im Beitrag #8Zitat von fjodorov im Beitrag #7Zitat von MaMi im Beitrag #2
Links steht unter anderem für einen Ausgleich des Kräfte- und Machtverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit.
Links steht weiterhin für das Delegieren sozialer Verantwortung vom Individuum hin zum Kollektiv.
MaMi hat es kurz und knapp auf den Punkt gebracht.
Das ist ja auch durchaus richtig als oberste Prämisse. Aber wie sieht der Ausgleich aus? Genau so wenig wie es nur schwarz-weiß gibt, genau so wenig wird es mMn möglich sein, eine wirkliche Waagschale mit gleicher Ausrichtung erlangen zu können. Denn Prioritäten der einen Seite gehen dann zu Lasten der anderen. Eigentlich. Möglicherweise.
Einige Sprüche von Linken.
Der Finanzkapitalismus hat sich erledigt". Das sagte Oskar Lafontaine im Oktober 2008. Hat er aber doch nicht wirklich?
Und Saha Wagenknecht erkannte im gleichen Jahr:
"Aber wirkliche Demokratie gibt es im Kapitalismus so wenig wie in der DDR."
Das ist nun einmal das Problem. Müsste man das ganze System umkrempeln? Und wie sind dann die Kräfteverhältnisse verteilt?
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Die Frage,ob man das Sytem umkrempeln muss beinhaltet gleichzeitig die Frage wodurch es ersetzt werden soll.Letztere Frage konnte noch niemand erschöpfend beantworten.Das aber soll nicht bedeuten,dass innerhalb des bestehenden Systems keine Änderungen möglich wären.Es sind politische Entscheidungen die einer Übermacht der Kapitalseite Grenzen setzen könnte,dass Arbeitnehmer über eine Übermacht verfügen kann man wohl getrost ausschließen.Weshalb geschieht es aber nicht?Schauen wir uns doch den Bundestag und die Parlamentarier an.Arbeitnehmer sind dort so gut wie nicht vertreten,kein Wunder,wer kein Geld hat kann seinen Wahlkampf auch nicht finanzieren.Also bleiben nur die Besserverdienenden übrig die in den Bundestag einziehen,von Ausnahmen abgesehen.Von daher hat Wagenknecht nicht Unrecht,demokratisch ist das nicht sondern käuflich.Die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung finden deshalb kaum Beachtung.
Die gestern gesendete Ausgabe der "Anstalt",gibt zum Thema detaillierte Fakten weshalb die Kapitalseite durch ihre Finanzmittel in der Lage ist,quer durch die Gesellschaft ihr Gesellschaftsmodell,als das einzig mögliche zu verkaufen.https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-7-november-2017-100.htmlWenn dann noch vermeintliche Arbeiterparteien sich auch noch kaufen lassen,haben die Interessen der Beschäftigten einen schweren Stand,das heißt,die Gesellschaft rückt nach rechts.
"Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen"
Jean Jaurès (1859-1914)
Zitat von Anthea im Beitrag #8
Und Sahra Wagenknecht erkannte im gleichen Jahr:
"Aber wirkliche Demokratie gibt es im Kapitalismus so wenig wie in der DDR."
Das ist nun einmal das Problem. Müsste man das ganze System umkrempeln? Und wie sind dann die Kräfteverhältnisse verteilt?
Vielleicht ist Demokratie gar nicht das optimale System.
Zitat von MaMi im Beitrag #12Kommt auch darauf an, wie man Demokratie definiert. Die einen sehen darin eine reine Herrschaft der (relativen) Mehrheit, die anderen einen komplizierten Interessenausgleich zwischen Mehrheit und Minderheit(en). Auch das ist für mich der Unterschied zwischen rechts und links.
Vielleicht ist Demokratie gar nicht das optimale System.
]
Zitat von Anthea im Beitrag #3Nur leider ist die SPD keine sozialdemokratische Partei, statt dessen ist sie der INSM ("Leistung muss sich (wieder) lohnen") auf den Leim gegangen. Gleichmacherei ist tatsächlich falsch verstandene Gerechtigkeit; der Unterschied zwischen Gleichheit und Gerechtigkeit wird in einem hübschen Cartoon schön auf den Punkt gebracht:
Um es zusammenfassend, wie es verstanden wird, zu formulieren, so kann man sagen, dass „links“ sich als sozialdemokratisch versteht. Weiter links dann wird das zu sozialistisch und kommunistisch und erhält dann eine Endung „ismus“. Das ist dann nicht mehr die linke Mitte! Dort geht es in Richtung Leninismus, Marxismus, Bolschwismus. Und in den „Extremismus“. Falsch verstandene Gerechtigkeit, die mit Gleichmacherei zu tun haben soll. Das kann nicht funktionieren und sollte es auch nicht. Denn „Leistung“ muss sich lohnen. Überall.
Equality vs. Justice 1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
RE: Was ist eigentlich "links"?
in Politische Philosophie 08.11.2017 17:44von Findus (gelöscht)
Zitat von MaMi im Beitrag #2
Links steht unter anderem für einen Ausgleich des Kräfte- und Machtverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit.
Links steht weiterhin für das Delegieren sozialer Verantwortung vom Individuum hin zum Kollektiv.
Eine abstrakte, aber durchaus sinnvolle Definition. Doch was heißt das auf einer Meso-Ebene (also im Gegensatz zum politischen Tagesgeschäft übergreifender verstanden) operationalisiert?
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