RE: Das Leben ist kein Wunschkonzert
in Schule und Bildung 29.10.2017 18:55von moorhuhn • | 1.493 Beiträge
"aber nicht das Hätscheln dieser schülerseitigen Eigenarten ist Hauptaufgabe des Schulwesens, sondern eben gerade die Erziehung mit dem Ziel, den Schüler zu befähigen, zum nützlichen Mitglied der Gesellschaft heranreifen zu lassen. " (Findus)
Schule kann immer nur Erziehungsbegleiter sein, ihre Hauptaufgabe besteht im Vermitteln von Bildungsinhalten und dem Training von kognitiv-analytischen Fähigkeiten, Herausbildung sozialer Kompetenzen auf der Grundlage eines bereits von den Eltern vermittelten Werteverständnisses. Und da sind wir auch schon bei Gelingen und Nichtgelingen.Um ein "nützliches Mitglied der Gesellschaft" zu werden, bedarf es erst mal einer Definition des Begriffes "nützlich", ich bitte freundlich darum
RE: Das deutsche Bildungssystem
in Schule und Bildung 29.10.2017 19:25von moorhuhn • | 1.493 Beiträge
Wozu Schulnoten?
Ich kann nur von meinem Fachbereich sprechen, wo den Schulnoten konkrete Bedeutungen/Kriterien zugemessen werden.
Zugegeben, in der SEK I ist es schwierig, die Notenskala 1-6 individuell auf die Schülerleistung anzupassen, man arbeitet mit +/-, aber am Ende ist eine Drei eben eine Drei, egal, ob + oder -.
In der Oberstufe kann man mit dem 15-Punkte-System wesentlich feinere Bewertungen treffen.
Ich denke schon, dass man mit dem Notensystem an sich, Leistungen transparent einschätzen kann. Wenn es da heißt: "Es fließen Zufälle, verschiedene Haltungen und unterschiedliche Auffassung von Pädagogik ebenfalls mit in die Bewertung ein.", dann kann ich das höchstens bei Gruppenleistungen oder Projektarbeit bestätigen. Liefert ein Schüler eigene Leistungen ohne das Zutun seiner Mitschüler ab, bewerte ich diese auf der Grundlage eines pragmatischen (transparenten) Erwartungsbildes nach inhaltlichen und sprachlichen Gesichtspunkten. Klar, man könnte das auch verbal einschätzen, mache ich meist auch zusätzlich, aber für die Schlussrechnung sind Zahlen eben gewollt.
Was die Nützlichkeit von Zahlen/Zeugnissen bei Arbeitgebern angeht, kann ich nur immer wieder den hohen Stellenwert eines korrekten Bewerbungsschreibens betonen. Aus diesem erkennen Arbeitgeber sehr viele Schlüsselqualifikationen, wie z.B. rhetorische Sicherheit, Auffassungsgabe oder auch Selbständigkeit im Lösen von komplexen Problemen.
Wie man ein Bewerbungsschreiben aufsetzt, lernen Schüler in der 9. Klasse, sie trainieren Vorstellungsgespräche und können sich beim Berufsberater weitere Informationen und Hilfestellungen einholen. Ich finde, das reicht, Schule ist zwar eine wichtige, aber nicht die letzte Etappe auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Jammernde Arbeitgeber sollten auch mal ihrer Verantwortung für junge, noch unfertige Menschen gerecht werden. Viele denken nämlich, mit 16 oder auch 18 Jahren sind Menschen voll ausgestattet mit allen Kompetenzen, die das reale Leben so fordert, ist ein Trugschluss.
RE: Das Leben ist kein Wunschkonzert
in Schule und Bildung 29.10.2017 20:34von Findus (gelöscht)
Zitat von Jackdaw im Beitrag #13Zitat von Findus im Beitrag #12Die Lernfähigkeit (oder besser: Die Motivation, sich den Stoff anzueignen) mag interessenbedingt fachspezifisch recht verschiedenartig ausgeprägt sein… aber nicht das Hätscheln dieser schülerseitigen Eigenarten ist Hauptaufgabe des Schulwesens, sondern eben gerade die Erziehung mit dem Ziel, den Schüler zu befähigen, zum nützlichen Mitglied der Gesellschaft heranreifen zu lassen. (Was, zugegebenermaßen, bei einem wachsenden Prozentsatz der Schüler leider nicht mehr zu gelingen scheint)
[…] Somit gibt es Interessen, Abneigungen, Stärken und Entwicklungsfelder usw., denen das schulische Notensystem nicht gerecht wird, ja gar nicht werden kann. […]
Zu deinem Begriff Erziehung: Unter dem Begriff werden leider ungenau oftmals Erziehung und Bildung zugleich subsumiert. Welchen der beiden Begriffe meinst du genau? Wirklich „Erziehung“ oder doch „Bildung“?
Dein Hinaus darauf „zum nützlichen Mitglied heranreifen zu lassen“ deutet jedenfalls an, dass dein Bildungsbegriff aus den 1950er Jahren entstammen könnte. Heute wäre das Ziel von Schule partizipativer und demokratischer formuliert.
Aber vielleicht meinst du ja auch etwas ganz anderes?
Die Motivation ist ein zusätzlicher Aspekt, den ich noch gar nicht wirklich eingebracht habe – vielen Dank für diese Ergänzung. Sämtliche Studien zur Lernmotivation zeigen, dass Motivation den Erfolg und die Nachhaltigkeit des Lernens erhöhen. Insofern verstehe ich nicht, warum du diese Quelle des Lernerfolgs brach liegen lassen willst, nur damit Schule sich nicht verändern muss? Deine Argumentation scheint mir nämlich genau darauf hinauszulaufen.
Interessant, dass du schreibst, dass Schule eigentlich so gar nichts mit Willen und Interessen von Schülern zu tun hat. Ist dem wirklich so? Nach verschiedensten Schulreformen und Anstrengungen um mehr demokratische Partizipation und motiviertem Lernen von SchülerInnen wäre dies eine Bankrotterklärung.
Zitat von Jackdaw im Beitrag #13Zitat von Findus im Beitrag #12Das ist nun absoluter Unsinn, denn dann könnte man gleich den Unterricht durch "Trivial Pursuit" ersetzen… was lernt ein Kind denn für's Leben, wenn man's seine Beschäftigung nach gusto frei wählen ließe?
[…] Alles darüber hinausgehende sollte aber nach den freien Interessen, Wünschen und Bedürfnissen der einzelnen Schüler vermittelt werden. […]
Wenn Trivial Pursiut dazu führt, dass wirklich für das Leben gelernt würde, warum nicht? Schule soll ruhig mutig sein und neue Wege probieren. Bevor der zwingend folgende spitzfindige Satz kommt: „Trivial Pursiut“ nehme ich jetzt einmal als Symbol für sämtliche neuen und alternativen Formen der Wissensvermittlung.
Macht man sich mit den Ergebnissen der Neurowissenschaften vertraut, so ist Handlungsbedarf und Schule muss sich endlich ändern.
Zitat von Jackdaw im Beitrag #14Zitat von Findus im Beitrag #12Eben, eben. Und gerade heutzutage wird wohl kaum ein Schüler sein künftiges Leben unter den Fittichen eines einzelnen Arbeitgebers verbringen… eine gewisse Menschenkenntnis, Anpassungsfähigkeit und Bereitschaft, sich in neue Aufgabenbereiche einzuarbeiten, zählen also schon einmal zu den existenziellen Basisqualifikationen. Welch Herkulesaufgabe für's Lehrpersonal, bedenkt man, dass in jenen Jahren die Launenhaftigkeit des jungen Menschen seine Hingabe an Lernziele zusätzlich schmälert.
[…] Schliesslich lernt man für das Leben, nicht aber für Schule oder einen ominösen zukünftigen Arbeitgeber, den man sich als Schüler eh nicht vorstellen kann.
Die Schlechtigkeit der Jugend beklagen bereits die antiken Philosophen. Dennoch gibt es die Menschheit und die Zivilisation – so schlecht kann die Jugend also nie gewesen sein!
Bildung, lieber Jackdaw ist etwas anderes als berufliche Qualifikation. Der Bildung geht es nicht um irgendeine ökonomische Verwertbarkeit des Wissens, sondern darum den Menschen zu bilden. Wenn Schule sich dem Diktat der Wirtschaft über unterordnet, dann bildet sie nicht mehr, sondern qualifiziert nur noch beruflich.
Aber vielleicht habe ich das ja nur falsch verstanden und Schule sollte immer schon nur beruflich qualifizieren?
Zitat von WilliM im Beitrag #15
Gibt es überhaupt ein deutsches Bildungssytem? Oder hat Deutschland nicht vielmehr 16 verschiedene Bildungssysteme?
Ich lebe nahe der deutsch-französischen Grenze. In meiner Nachbarstadt Sarreguemines kann jederzeit ein Lehrer aus Marseille unterrichten. Familien können nach Bordeaux ziehen, ohne dass ihre Kinder schulische Probleme bekommen, weil die Schulsysteme nicht untereinander kompatibel sind, wie dies zum Beispiel in Deutschland der Fall ist.
Aber daran wird sich so schnell nichts ändern. Schule und Polizei sind die einzigen größeren Sachgebiete, in denen die Verantwortung allein bei den Ländern liegt. Und das werden sich die Länder nicht freiwillig nehmen lassen.
Ich denke, dass man durchaus von 16 verschiedenen Bildungssystemen sprechen kann. Einige aufgrund räumlicher Nahe der Bundesländer oder auch ähnlichen Landesregierungen ähnlicher als andere.
Zugleich halte ich dies für kein Problem, sondern für eine Chance für Schule, sich – je nach Gusto Konkurrenz oder Kooperation – weiterzuentwickeln. Ein bundesweit einheitliches Schulsystem würde die Fähigkeit des organisationalen Lernens verloren haben. Mit Zentralismus wäre im Schulsystem nichts gewonnen.
RE: Das Leben ist kein Wunschkonzert
in Schule und Bildung 29.10.2017 21:52von moorhuhn • | 1.493 Beiträge
Ich lobe das deutsche Bildungssystem auch nicht in den Himmel, aber einigen Thesen aus diesem Threadverlauf kann ich als Insider echt nicht folgen und unterstelle da auch Unkenntnis/Halbwissen vom Stammtisch.
Über die Bedeutung/Berechtigung des Notensystems hab ich mich ja schon ausgelassen, möchte ergänzen, dass Schulnoten nicht vordergründig Interessen oder Abneigungen eines Schülers wiederspiegeln. Vielmehr sind sie der finale Ausdruck darüber, wie es ihm sprachlich, kognitiv, analytisch gelingt, seine Interessen an speziellen Aufgabenstellungen weiter zu entfalten und welche Spielräume seine Fähigkeiten entwickeln, wenn es um für ihn weniger Interessantes geht. Das genau ist nämlich der Knackpunkt, die wenigsten werden im realen Leben immer nur die eigenen Interessen bedienen, sondern auch weniger Erbauliches bearbeiten müssen.
Und weiterhin sind Schulnoten auch nicht die einzig praktizierte Bewertungsmethode, Ansagen über Stärken und Schwächen, über Interssen und Abneigungen gibt es zuhauf. Es gibt übers Jahr nicht nur Klassenarbeiten.
Ein Gedanke noch zum zu Qualität und Quantität des Lehrstoffes. Ich hadere zeit meiner Lehrertätigkeit damit, dass ich aufgrund vollgepackter Lehrpläne (staatlich vorgegeben und von mir zum Kriegsgebiet erklärt) den Dingen nicht auf den Grund gehen kann.
Wovon ich mich nachdrücklich distanziere, ist der Vorwurf, Inhalte, Methoden in der Schule seien fernab der Lebenswirklichkeit unserer Kinder. In heutiger Zeit wäre dies für nahezu jeden Lehrer die Eintrittskarte in die Psychatrie.
Selbst ungeliebte Themen, wie das Training von Orthografie und Grammatik werden angebunden an Erfahrungen der Kinder, zur Zeit in meiner 6.Klasse z.B. an Harry Potters Welt, wo Substantive und Verben dem großen Zaubermeister durcheinander geraten.
Literaturklassiker, wie Faust oder Hesses Unterm Rad, stellen immer die Frage, was haben die mit mir zu tun? Und es eröffnen sich tausend Möglichkeiten, die man als Lehrer leider nur sehr begrenzt annehmen kann.
Zwei Beispiele, die nur einen Bruchteil von schulischer Wirklichkeit wiedergeben, weil es ja nicht nur den Deutschunterricht gibt. Dies wiederum sollte für Außenstehende ein kleiner Denkanstoß dafür sein, Schule nicht als Feld zu sehen, was ja jeder kann und trotzdem nie gelingt.
Zum Schluss, ich weiß noch nicht, welche Kriterien "ein nützliches Mitglied der Gesellschaft" erfüllen soll und welchen Anteil Schule daran hat. Was ich aber weiß, ist, dass die Kinder, die mit 11 Jahren zu mir kommen, deutlich geprägt sind von den Befindlichkeiten ihrer familären Situation. Diese wiederrum hat viel Einfluss auf ihr Lernverhalten, ihre Motivation und ihr Leistungsvermögen. Auch am Gymnasium mehren sich verhaltensauffällige und teilweise sozial inkompetente Kinder, die den Anforderungen der Schulart nicht gerecht sind/werden. Hier eröffnet sich mein zweites Kriegsgebiet- Inklusion und Elternwille auf Teufel komm raus! Bei einer Klassenstärke von 28 Kindern, kann ich als einzelner Fachlehrer weder intensiv die Sorgenkinder betreuen, noch den Rest der Klasse entsprechend der Lehrpläne versorgen.
Es sind nicht die Inhalte und Methoden, sondern die Rahmenbedingungen, die im Argen liegen. Dazu noch ein Schmankerl: In Sachsen hätte die AfD nach der diesjährigen Bundestagswahl noch vor der CDU gepunktet. Stantepede sind die Bildungstante und wenig später sogar der Ministerpräsident zurückgetreten. Irgendwann dazwischen erreichte mich eine Dienstmail meines Schulleiters, man habe einen Modellversuch gestartet, an sächsischen Schulen einen Schulverwaltungsassistenten einzustellen, der den Lehrern bürokratisches Gedöns abnehmen und ihnen mehr Zeit für ihre eigentliche pädagogische Arbeit ermöglichen solle. Es rumpelt im Kontor, lach
So, das war mein Wort zum Sonntag, man möge den langen Text verzeihen, so oft bin ich hier ja nicht aktiv.
RE: Das deutsche Bildungssystem
in Schule und Bildung 29.10.2017 22:46von Jackdaw • | 454 Beiträge
Zitat von WilliM im Beitrag #15Frankreich ist "von Alters her" zentralistisch regiert, Deutschland nicht - und aus gutem Grunde hat man nach dem zweiten Weltkrieg jenen Zentralismus, wie er in anderen Staaten praktiziert wird, in Deutschland per Grundgesetz praktisch verhindert.
Gibt es überhaupt ein deutsches Bildungssytem? […] In meiner Nachbarstadt Sarreguemines kann jederzeit ein Lehrer aus Marseille unterrichten. Familien können nach Bordeaux ziehen, ohne dass ihre Kinder schulische Probleme bekommen […]
Übrigens: Das Bildungssystem ist länderübergreifend reht homogen - die Lehrpläne unterscheiden sich. Und damit auch die Lehrmittel und die personalmäßige Ausstattung der Schulen.
Edutainment ist jedenfalls keine Lösung
in Schule und Bildung 29.10.2017 22:59von Jackdaw • | 454 Beiträge
Zitat von Findus im Beitrag #21Wenn Du eine derartige Gleichsetzung vornimmst, lässt sich dagegen leider nichts machen.
[…] Unter dem Begriff werden leider ungenau oftmals Erziehung und Bildung zugleich subsumiert.
Zitat von Findus im Beitrag #21Viel, viel weiter zurück solltest Du schon blicken.
[…] dass dein Bildungsbegriff aus den 1950er Jahren entstammen könnte […]
Zitat von Findus im Beitrag #21Trivial Pursuit war lediglich ein griffiges Beispiel für jene "Lernhinhalte", zu denen Heranwachsende sich eher hingezogen fühlten - der Nutzen für spätere Anwendung im Leben wäre allerdings als minimal zu beziffern, und deswegen hatte ich das einst beliebte Spiel ja als Negativbeispiel genannt.
[…] Wenn Trivial Pursiut dazu führt, dass wirklich für das Leben gelernt würde, warum nicht?
RE: Edutainment ist jedenfalls keine Lösung
in Schule und Bildung 29.10.2017 23:43von moorhuhn • | 1.493 Beiträge
"Trivial Pursuit war lediglich ein griffiges Beispiel für jene "Lernhinhalte", zu denen Heranwachsende sich eher hingezogen fühlten - der Nutzen für spätere Anwendung im Leben wäre allerdings als minimal zu beziffern, und deswegen hatte ich das einst beliebte Spiel ja als Negativbeispiel genannt." (Jackdaw)
Warum ist ein gutes Allgemeinwissen als minimal für spätere Anwendung im Leben zu beziffern? Ständig beklagen wir, dass junge Leute in Parallelwelten leben und keine Ahnung von Nichts haben. Allgemeinwissen ist wertvoll für die Argumentationsfähigkeit, für das Erkennen komplexer Zusammenhänge und Hintergründe.
Hinzu kommt, dass durch die spielerische Anwendung die Motivation enorm gesteigert wird. Sind wir wieder bei den Schulnoten, auch die erzeugen nicht immer nur Druck, sondern sind auch Ansporn.
Unser Wertesystem orientiert sich am Gewinnerprinzip.
RE: Edutainment ist jedenfalls keine Lösung
in Schule und Bildung 30.10.2017 11:05von Jackdaw • | 454 Beiträge
Zitat von moorhuhn im Beitrag #25In "Trvial Pursuit" wird eben kein gutes Allgemeinwissen abgefragt, sondern all der Blödsinn, der in den letzten Jahrzehnten bei oberflächlicher Lektüre von Schlagzeilen und Promi-News aufgeschnappt werden konnte… das eben ist der Unterschied zu traditionelleren Quiz- und Denkspielen, wie sie doch ehedem populär waren, und in den 1980er Jahren dann langsam als "unzeitgemäß" abgetan wurden… übrigens: Die korrekte Nutzung der hiesigen Zitatfunktion wäre sicher kein Malus.
[…] Warum ist ein gutes Allgemeinwissen als minimal für spätere Anwendung im Leben zu beziffern? […] Unser Wertesystem orientiert sich am Gewinnerprinzip.
Guten Morgen an alle fleißigen Diskutanten :)
es wurde so viel geschrieben, dass ich versuchen werde, die Antworten in inhaltlichen Blöcken zu strukturieren. Zu Beginn des Beitrages aber zwei Hinweise:
1. Stammtische: Ein Stammtisch kritisiert keine Noten, sondern fordert tendenziell eher eine strengere Notengebung. Das ist ein Metier manch eifrigen Skatbruders.
2. Verkürzte Zitate sind unhöflich. Beispiel:
Zitat von Jackdaw im Beitrag #24Zitat von Findus im Beitrag #21Wenn Du eine derartige Gleichsetzung vornimmst, lässt sich dagegen leider nichts machen.
[…] Unter dem Begriff werden leider ungenau oftmals Erziehung und Bildung zugleich subsumiert.
Leider, leider wurden die beiden relevanten Nachsätze vergessen. Mit denen wird auch der Sinn des Absatzes klar:
Zitat von Findus im Beitrag #21
Unter dem Begriff werden leider ungenau oftmals Erziehung und Bildung zugleich subsumiert. Welchen der beiden Begriffe meinst du genau? Wirklich „Erziehung“ oder doch „Bildung“?
Es geht um eine Nachfrage, was Du, lieber Jackdaw unter "Erziehung" verstehst.
Schulnoten
Zunächst einmal herzlichen Dank an Moorhuhn für die knappe Darstellung des Schulnotensystems Auch wenn es sich eigentlich um eine Selbstverständlichkeit handelt, ist es gut, den Gegenstand der Diskussion noch einmal zu beschreiben.
Zitat von moorhuhn im Beitrag #18
Wozu Schulnoten?
Ich denke schon, dass man mit dem Notensystem an sich, Leistungen transparent einschätzen kann. Wenn es da heißt: "Es fließen Zufälle, verschiedene Haltungen und unterschiedliche Auffassung von Pädagogik ebenfalls mit in die Bewertung ein.", dann kann ich das höchstens bei Gruppenleistungen oder Projektarbeit bestätigen. Liefert ein Schüler eigene Leistungen ohne das Zutun seiner Mitschüler ab, bewerte ich diese auf der Grundlage eines pragmatischen (transparenten) Erwartungsbildes nach inhaltlichen und sprachlichen Gesichtspunkten. Klar, man könnte das auch verbal einschätzen, mache ich meist auch zusätzlich, aber für die Schlussrechnung sind Zahlen eben gewollt.
Mit ein wenig Kenntnis der Empirie ist dir klar, dass niemand wirklich objektiv handelt oder wertet. Selbst beim allergrößten Bemühen um Objektivität. Es ist daher Unsinn, den Einfluss von Werten und Haltungen auf die Notengebung zu verneinen. Um aber wenigstens intersubjektiv anzunähren werdet ihr in der Schule aber wahrscheinlich über die Notengebung beraten?
Eine interessante Frage: Wie reliabel und valide ist die Notengebung? Naja, ein empirischer Randschauplatz.
Eine Verbaleinschätzung würde genau die gleiche Funktion wie die Zahlenbewertung erfüllen.
Interessant ist der Hinweis auf die Schlussrechnung und die in dieser gewollten zahlenmäßigen Bewertung. Interessant ist die Frage, wer die Notengebung möchte und mit welchem Interesse.
Zitat von moorhuhn im Beitrag #18
Über die Bedeutung/Berechtigung des Notensystems hab ich mich ja schon ausgelassen, möchte ergänzen, dass Schulnoten nicht vordergründig Interessen oder Abneigungen eines Schülers wiederspiegeln. Vielmehr sind sie der finale Ausdruck darüber, wie es ihm sprachlich, kognitiv, analytisch gelingt, seine Interessen an speziellen Aufgabenstellungen weiter zu entfalten und welche Spielräume seine Fähigkeiten entwickeln, wenn es um für ihn weniger Interessantes geht. Das genau ist nämlich der Knackpunkt, die wenigsten werden im realen Leben immer nur die eigenen Interessen bedienen, sondern auch weniger Erbauliches bearbeiten müssen.
Ein ehrliches Fazit
Und doch, es gibt Alternativ- und Ersatzschulen die ohne eine Notengebung auskommen und pädagogisch erfolgreiche Arbeit machen. Daraus lässt sich für mich nur schließen, dass Schulnoten eben doch nicht vom Himmel gefallen sind und eine Schule ohne Noten denkbar wäre.
Schulische Arbeitsbedingungen
Zitat von moorhuhn im Beitrag #22
Ein Gedanke noch zum zu Qualität und Quantität des Lehrstoffes. Ich hadere zeit meiner Lehrertätigkeit damit, dass ich aufgrund vollgepackter Lehrpläne (staatlich vorgegeben und von mir zum Kriegsgebiet erklärt) den Dingen nicht auf den Grund gehen kann.
Wovon ich mich nachdrücklich distanziere, ist der Vorwurf, Inhalte, Methoden in der Schule seien fernab der Lebenswirklichkeit unserer Kinder.
Wie du es ja selbst beschreibst, würden sich auch viele Lehrer andere Rahmenbedingungen für Schule wünschen. Durch die Probleme Lehrermangel und fachfremden Quereinsteigern verbessert sich die Situation aber nicht wirklich. Von daher kann ich dich beruhigen moorhuhn. Eine Kritik der „Schule“ ist keine Kritik der Lehrer, die oftmals mit sehr viel Engagement dabei sind, auch unter schlechten Bedingungen sich für ihre Schüler und deren Bildung einzusetzen.
Zitat
Dazu noch ein Schmankerl: In Sachsen hätte die AfD nach der diesjährigen Bundestagswahl noch vor der CDU gepunktet. Stantepede sind die Bildungstante und wenig später sogar der Ministerpräsident zurückgetreten. Irgendwann dazwischen erreichte mich eine Dienstmail meines Schulleiters, man habe einen Modellversuch gestartet, an sächsischen Schulen einen Schulverwaltungsassistenten einzustellen, der den Lehrern bürokratisches Gedöns abnehmen und ihnen mehr Zeit für ihre eigentliche pädagogische Arbeit ermöglichen solle. Es rumpelt im Kontor, lach
Auch da ist der Unmut der Lehrerschaft nur zu gut verständlich. Dem einzelnen Lehrer ist mit so einem Modellversuch nicht geholfen. Demnächst heißt der Schulassistent vielleicht auch noch Management-Assistenz.
RE: Divereses zum Thema Schule
in Schule und Bildung 31.10.2017 18:50von Jackdaw • | 454 Beiträge
Zitat von Findus im Beitrag #27Aber eine solche "Nachfrage" ist unsinnig, weil ich unter Erziehung selbstverständlich gar nichts anderes verstehe, als was im Zeitalter der Aufklärung die Pioniere des Erziehungswesens und der Reformpädagogik jene Vordenker dieser hehren Aufgabe darunter verstanden haben.
[…] Es geht um eine Nachfrage, was Du […] unter "Erziehung" verstehst. […]
Die Erziehung ermöglicht dem Menschen seinen natürlichen Anlagen und Begabungen gemäß diese auch sinnvoll zu nutzen und somit zum Besten zu verwenden. Folglich muss die natürliche Neugier und Wissbegier des Kindes in nützliche und zukunftsweisende Bahnen gelenkt werden. So ähnlich, wie der kleine Knabe dort im Bild vor seines Vaters Werkstatt frühzeitig Metallbearbeitung und Grundlagen der Mechanik kennenlernte, und später, damit auch andere Kinder aus weniger begünstigtem Umfeld daran Begeisterung zu finden vermochten, Produzent technischer Spielwaren wurde.
Das dumme an deiner Antwort ist, dass es "die" Reformpädagogik eben leider auch nicht gibt. Eher etwas wie eine entsprechende Grundhaltung, die vielfältige pädagogische Ansätze zulässt. Ebenso diverse Kritiken und Weiterentwicklungen der Reformpädagogik.
Auch sollte darauf hingewiesen werden, dass "Lenkung" (z.B. fester Lehrplan, vorgegebene Regeln, Bewertung) kein zwingender Bestandteil der Reformpädagogik ist. In einem Konzept ohne oder mit nur wenig Lenkung wäre z.B. die Schulnote als Kategorie absurd.
Zitat von Findus im Beitrag #29[…,] ist ein lächerliches Ausweichmanöver, denn der Terminus Reformpädagogik, selbst wenn dieser die unterschiedlichsten Konzepte umfasst, existiert durchaus. Eine Frau Prof. Dr. Papousek hat im Rahmen ihrer Arbeit immerhin festgestellt, dass zahlreichen Kindern mittlerweile sogar die Fähigkeit zum Spielen abhandengekommen ist, was sich in Entwicklungshemmnissen äußert, die wiederum (später) deren Schultauglichkeit ebenfalls beeinträchtigen.
[…] dass es "die" Reformpädagogik eben leider auch nicht gibt […]
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