Zitat von Jackdaw im Beitrag #30Zitat von Anthea im Beitrag #28Ob nun Kundenmeinungen bei Amazon als "Rezensionen" zu betrachten sind, darüber ließ sich trefflich streiten…
[…] Ich habe jetzt diverse Rezenzionen über verschiedene Bücher von Kazuo Ishiguro gelesen […]
Ob Reich Ranicki als "Literaturpapst" bezeichnet werden durfte, darüber gibt es auch unterschiedliche Auffassungen. Ob die Herangehensweise an gesellschaftlich-philosophische Themen eines Richard David Precht oder eines Peter Sloterdijk besser oder wertvoller anzusehen sind, das liegt im Auge des Betrachters.
Anders und salopp ausgedrückt: Gefallen macht schön.
Und somit sind die "Bewertungen" von Lesern/Kunden ein sicherlich nützliches Instrument, wenn jemand auf der Suche nach einen ihn möglicherweise interessierenden Lesestoff ist. Wobei die Ansprüche daran natürlich unterschiedlich sind.
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Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
RE: Muss Belletristik reine Unterhaltung sein?
in Literatur 06.10.2017 10:51von Anthea • | 12.678 Beiträge
Zitat von Jackdaw im Beitrag #29
[...]Telling stories is telling lies. (B.S. Johnson "Albert Angelo", erstveröffentlicht 1964)
Und die Ironie unserer Zeitgeschichte ist, dass keine zwanzig Jahre später Feuilleton, Buchmarkt und Literaturkritiker ausdrücklich zu verlangen begannen, dass Autoren sich vor allem stärker darauf besinnen sollten, Geschichten zu erfinden und als Erzähler zu brillieren. Das Resultat erleben wird heute - und so sind Buchhandlungen und Bibliotheken heute keineswegs mehr, was Klaus Staeck doch so gegen 1980 unter Verwendung des Bildmotivs von Carl Spitzwegs "Büchernarr" auf einem seiner Plakate verkündete, "Gefährliche Brutstätten des Geistes"
Und genau diese Ermunterung an Autoren oder Autoren in spe, ihre Fantasie walten zu lassen, die finde ich persönlich gut. Gerade in einer Zeit, wo Eigendenken und Bemühen um Erarbeitung von Dingen/Zusammenhängen gar nicht mehr wirklich erforderlich sind. Denn es gilt das Motto: Man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen, wo es steht. Schlag nach bei "Google/Wikipedia". Das lähmt doch den Geist.
Gute Belletristik ist nachhaltig. Wenn man sich bei manchen Büchern später einfach nicht mehr erinnern kann, worum es ging und nur weiß, dass man ein Buch gelesen hat, dann hat es nichts geboten außer momentaner Zerstreuung/Unterhaltung.
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Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
Zitat von Anthea im Beitrag #31Seine Wirkungsmacht (als Feuilletonchef der FAZ und aufgrund seiner durch zahlreiche TV-Autritte erreichten Popularität ließ dieses Prädikat stimmig und griffig erscheinen; und immerhin vertrat er noch den anerzogenen Bildungskanon jener Gesellschaftsschicht, die im bürgerlichen Zeitalter (vom Kaiserreich bis in die Jahre der Weimarer Republik) als gehoben galt, mithin jener Leser, die die Erstausgabe der "Buddenbrooks" gelesen hatten oder gar der "Effi Briest", und die Ranicki wohl als Klassenlehrer noch hatte erleben dürfen… sein "Urteil" muss keineswegs als verbindlich anerkennen, aber die Rezension von Büchern war Teil seiner beruflichen Aufgaben, und diese Aufgabe hat er ja in einer Weise erfüllt, dass im Endeffekt Buchkäufer und Verlage zufrieden sein konnten.
[… ] Ob Reich Ranicki als "Literaturpapst" bezeichnet werden durfte, darüber gibt es auch unterschiedliche Auffassungen. […]
Zitat von Anthea im Beitrag #31[…] passen in einen "Bestseller" betitelten Thread ohne Zweifel - salopp ausgedrückt könnte man sagen, dass die das Wissen um Philosophie und die Geschichte der Philosophie auf jenes literarische Niveau heruntergebrochen haben, als hätte Benjamin von Stuckrad-Barre zu jenen Themen sich geäußert.
[… ] Richard David Precht […] Peter Sloterdijk […]
Zitat von Anthea im Beitrag #32Tatsächlich kann man gar nicht alles wissen, und die Möglichkeit, nachzuschlagen, gibt es, seit erste Enzyklopädien das jeweilige Wissen ihrer Zeit zusammenzutragen und zu konservieren geschrieben wurden.
[…] Man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen, wo es steht. […]
Insofern verdanke ich einen guten Teil meiner persönlichen Wissbegier sicher Herbert Pothorn, der ,inspiriert von Johann Amos Comenius "Orbis Sensualum Pictus" Illustrationen zu Bildwörterbüchern/Kinderlexika gezeichnet hat.
der dokumentarische Charakter des rasch Vergänglichen
in Literatur 06.10.2017 15:10von Jackdaw • | 454 Beiträge
Zitat von Anthea im Beitrag #32Nicht zwangsläufig… als ich kürzlich von der Evanium Collection of Ephemera erfuhr, musste ich auch erst einmal nachschauen, wer denn nun Henry Evans (1832-1905) gewesen sei.
[...] Das lähmt doch den Geist. […]
RE: der dokumentarische Charakter des rasch Vergänglichen
in Literatur 06.10.2017 17:23von Anthea • | 12.678 Beiträge
Zitat von Jackdaw im Beitrag #35Zitat von Anthea im Beitrag #32Nicht zwangsläufig als ich kürzlich von der Evanium Collection of Ephemera erfuhr, musste ich auch erst einmal nachschauen, wer denn nun Henry Evans (1832-1905) gewesen sei.
[...] Das lähmt doch den Geist. [ ]
Um nachzuschauen muss man allerdings diese unerlässliche Neugier besitzen. Und diese kommt hauptsächlich zum Tragen, wenn es um ein bevorzugtes Wissens-/Interessensgebiet geht.
Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
Zitat von Jackdaw im Beitrag #34
Insofern verdanke ich einen guten Teil meiner persönlichen Wissbegier sicher Herbert Pothorn, der ,inspiriert von Johann Amos Comenius "Orbis Sensualum Pictus" Illustrationen zu Bildwörterbüchern/Kinderlexika gezeichnet hat.
Kann ich nachvollziehen. Ich hatte noch nie den Namen Herbert Pothorn gehört und auch diese Kinderlexika sind mir nie untergekommen. Wunderschöne Zeichnungen/Illustrationen.
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Zitat von Anthea im Beitrag #36Schon das Lesen setzt waches Interesse am jeweiligen Inhalt des Geschriebenen voraus; und je nachdem, wie intensiv die gewählte Lektüre ist, wird man dann und wann auf Namen oder Begriffe stoßen, deren Bedeutung nicht a priori geläufig ist, so dass man sich eines Nachschlagewerks bedient, oder ggf. andere Personen, bei denen man das spezifisch gesuchte Wissen vermutet, fragt.
Um nachzuschauen muss man allerdings diese unerlässliche Neugier besitzen. […]
Unvergesslich ist mir, dass zu Grundschulzeiten wir Schüler, wenn auch nur in seltenen Fällen, in die schuleigene Bibliothek geführt wurden, um uns ein Buch eigener Wahl zu nehmen und innerhalb des Bibliotheksraums zu lesen. Bei diesen Gelegenheit ist es mir unterlaufen, dass mich in zweien dieser besonderen Unterrichtseinheiten für Bücher entschied, bei deren Lektüre ich jeweils auf ein mir unbekanntes Fremdwort stieß, und so die Klassenlehrerin um eine Erklärung bitten musste, die sie mir zwar gab, jedoch die Anweisung gab, das Buch ins Regal zurück zu stellen, weil es nicht für mein Alter gedacht sei…
Früh begann ich auch, die örtliche Leihbibliothek fleißig zu nutzen - und weil die Bibliothekarinnen bemerkten, dass ich mich der Stätte entsprechend ruhig verhielt und die Bücher auch pfleglich behandelte, gestattete man mir frühzeitig, auch den Buchbestand, der Erwachsenen vorbehalten war, zu nutzen, wo mich vor allem Architektur, Geographie und die Geschichte verschiedener Verkehrsmittel besonders stark anzogen. Auch Museumsbesuche habe ich schon recht früh in meinem Leben zu schätzen gelernt.
Im Teenageralter sind es dann neben der üblichen Unterhaltungsliteratur (Abenteuer, Krimis, Western) Komponisten- und Künstlerbiographien gewesen, die mir geistige Anregung verschafften, und erste philosophische Grundlagenwerke (David Hume, Friedrich Nietzsche, Francis Bacon u.a.) erweiterten meinen Horizont ebenfalls. Um ehrlich zu sein, empfand ich die schulische Pflichtlektüre der Autoren der Weltliteratur als nicht so prickelnd… das änderte sich allerdings, als die Schulzeit nach bestandenem Abitur (mit naturwissenschaftlich-mathematischer Schwerpunktsetzung) endete und ich auf ein von Klaus Völker übersetztes Sammelsurium mit Gedichten und kleineren Theaterstücken Alfred Jarrys stieß. Es dauerte nicht lang, bis ich einen bunten Querschnitt der Klassiker und der frühen Moderne einverleibt hatte und auch ein wenig Fachliteratur literaturwissenschaftlicher Autoren, Soziologen, Historiker, Kulturanthropologen als nützliches und lehrreiches Beiwerk nutzte.
So hat ein jeder am Lesen und Literatur Interessierter seinen eigenen Werdegang. Wie er/sie dazu gekommen ist, Freude an Büchern zu empfinden - über das schulische "Muss" hinaus.
Ich habe schon vor meinem ersten Schultag Lesen gelernt, denn ich wollte all das, was mir vorgelesen wurde, selbst "erarbeiten" können. Dieses Einsinken in eine fremde Welt, die gestaltet wurde von Buchstaben und Sätzen. Die atemlos machten, staunend, die nach "mehr" verlangten, so man die Geschichte aus der Hand legen musste. Und mit dem Lesen kam die Lust am Schreiben, der ich schon sehr früh nachging. Und die sich gehalten hat.
Der häusliche Bücherschrank gab viel Interessantes her. Und als er verschlossen wurde, da wurde er noch interessanter. ;-) Bot er doch so frivole Werke wie von Choderlos de Laclos "Gefährliche Liebschaften" - und das dann noch bebildert. Ich erinnere mich, dass es Glanzbilder waren, wo die Angebetete auf eine Ottomane sank, das Mieder geöffnet. Und der Galan schmachtend davor kniete. Lach*
Damit würde man heute niemanden mehr hinterm Ofen hervorlocken können. Denn der Sinn für "Erotik" ist verloren gegangen.
Ich muss ein Buch auch "spüren" können. Damit meine ich, dass ich es in der Hand halten will, obwohl das Lesen via Tablet viel einfacher wäre. Aber das ist mir zu "unpersönlich".
Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
Zitat von Anthea im Beitrag #39Bei meinen Eltern war das interessanteste Buch Knaurs Lexikon in einem Band… Guareschis "Don Camillo und Peppone" mag ich mit vielleicht zehn Jahren auch vergnüglich gefunden haben. "Gefährliche Liebschaften" mag vor Jahrzehnten tatsächlich wegen der Erwartung, erotisch anregendes darin zu finden, den Weg in manchen bürgerlichen Haushalt gefunden haben.
[…] Der häusliche Bücherschrank gab viel Interessantes her […] so frivole Werke wie Choderlos de Laclos "Gefährliche Liebschaften" […]
Rückblickend würde ich jedoch sagen, dass von all den vielen Büchern, die ich von Kindesbeinen an gelesen habe, nur vielleicht zwei bis drei Dutzend wirklich eine starke Wirkung auf mich und die Erweiterung meiner Interessen ausgeübt haben. Auch wenn die Zahl der Bücher, deren Lektüre mir große Freude bereitet hat, sicher zehn- bis fünfzehn Mal so viele Titel umfassen dürfte, bisweilen so sehr, dass ich diese Leseerfahrung nicht missen möchte und als persönlichen Gewinn betrachte. (Etwa Leo Malets "Les nouveaux mystères de Paris")
Zitat von Anthea im Beitrag #39
Ich muss ein Buch auch "spüren" können. Damit meine ich, dass ich es in der Hand halten will, obwohl das Lesen via Tablet viel einfacher wäre. Aber das ist mir zu "unpersönlich".
Da muss ich dir Recht geben. Es geht nichts darüber, ein Buch aus Papier in der Hand zu haben. Oder auch eine Zeitung. Der Lesefluss und das Gefühl, wirklich eine lebendige Geschichte in der Hand zu haben, gibt es nur bei den gedruckten Medien.
Analoge Medien werden gerade wiederentdeckt.
Zitat von Jackdaw im Beitrag #38
Im Teenageralter sind es dann neben der üblichen Unterhaltungsliteratur (Abenteuer, Krimis, Western) Komponisten- und Künstlerbiographien gewesen, die mir geistige Anregung verschafften, und erste philosophische Grundlagenwerke (David Hume, Friedrich Nietzsche, Francis Bacon u.a.) erweiterten meinen Horizont ebenfalls. Um ehrlich zu sein, empfand ich die schulische Pflichtlektüre der Autoren der Weltliteratur als nicht so prickelnd…
Ich liebte die schulische Lektüre, die mich dazu veranlasste, mehr zu wollen. Mein Lieblingsautor war und ist Goethe. Ich lernte freiwillig den Faust 1 auswendig und kann noch heute seitenweise zitieren. ;-)
Apropos Nietzsche. Da empfehle ich die Lektüre des Romans von Irvin D. Yalom: "Und Nietzsche weinte". Hat mich sehr gefesselt. The New York Times schrieb darüber: "Irvin D. Yalom beweist einmal mehr, daß Psychotherapie in den Händen eines fähigen Autos den Stoff für die großartigsten und einfallsreichsten Geschichten liefern kann".
Die Erstauflage des Buches wr 1992.
Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
Zitat von Anthea im Beitrag #42Das Geburtshaus J.W. v.Goethes in Frankfurt am Main habe ich auch mal besucht, das Geburtshaus Schillers in Marbach am Neckar ebenfalls. Aber als Lieblingsautoren längerer Dauer würde ich dann doch eher Hans Wollschläger nennen; oder George Perec. Und innerhalb der Goethezeit (1749-1832) würde mir eher Johann Karl Wezel einfallen oder August Klingemann.
[…] Mein Lieblingsautor war und ist Goethe. […]
Zitat von Jackdaw im Beitrag #43Zitat von Anthea im Beitrag #42Das Geburtshaus J.W. v.Goethes in Frankfurt am Main habe ich auch mal besucht, das Geburtshaus Schillers in Marbach am Neckar ebenfalls. Aber als Lieblingsautoren längerer Dauer würde ich dann doch eher Hans Wollschläger nennen; oder George Perec. Und innerhalb der Goethezeit (1749-1832) würde mir eher Johann Karl Wezel einfallen oder August Klingemann.
[…] Mein Lieblingsautor war und ist Goethe. […]
Ich stelle fest, du bist breiter aufgestellt, was die Vielfalt der Beschäftigung mit diversen Autoren bestimmter Epochen anbelangt. Da muss ich passen.
Ich habe oftmals "Pflichtlektüren" absolviert. Dabei hörte ich vorher auf Befürworter "Den/das musst du unbedingt auch gelesen haben". Somit besorgte ich mir das Buch und "quälte" mich zuweilen dadurch. Es war nicht "meins". Es ging nicht ein. Wenn ich einige Seiten gelesen hatte, es zur Seite legte und etwas später wieder vornahm, dann musste ich erst einmal wieder die "geschafften" Seiten "querlesen", weil nicht viel hängengeblieben war.
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Pflichtlektüren als Lieblingsautoren? Na gut, warum nicht? Auch wenn ich es in manchen Fällen einfacher fand, mir die Zusammenfassung aus dem Netz durchzulesen. Vielleicht ist manch klassischer Autor überbewertet - der Name des Autors macht am Ende gar den Ruhm eines Buches aus.
Es müssen nicht unbedingt die Klassiker sein, die interessieren. "Sophies Welt" war sicherlich sehr lesenswert oder auch "Das Cafe der toten Philosophen".
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