Zitat von Till im Beitrag #1
Wie wird man erfolgreicher Autor?
Betrachtet man oberflächlich die diversen Bestseller-Listen, reicht es offenbar, seiner Islam- und/oder Linken-Phobie freien Lauf zu lassen. Aber redet man darüber noch in ein paar Jahren? Sarrazin hat eine Menge islamophoben Stuss in ein Buch gepackt (während seiner gut bezahlten Arbeitszeit) und Erfolg gehabt; heute reden nur noch ein paar eingefleischte Groupies darüber, und sein letztes Buch wollte schon keiner mehr haben.
Andernforums habe ich einen etwas gender-holprigen, aber interessanten Satz gelesen: Manch(e) verkannte(r) Literat(in) verkraften die erlittene Schmach nicht und einige davon werden im Netz aktiv und säen Hass. Da frage ich mich doch glatt, warum müssen so erfolgreiche Autoren wie Broder, Vera Lengsfeld, Markus Vahlefeld (?), Doktor Cora Stephan (?), Monika Maron (?) u.a. auf Achse gehen und im Netz mit Hass-Kommentaren ihrer Verbitterung und Missgunst Ausdruck verleihen und Ressentiments verbreiten? Oder sind das vielleicht gar keine Autoren, sondern nur Schreiberlinge, deren Erfolg auf eine sehr spezielle rechtschaffene (oder muss es heißen rechts schaffende?) Klientel beschränkt ist?
Erfolg als Schriftsteller, das braucht eine breite Präsentation in den Medien. Die Medien in Deutschland sind dominiert von Verlagen die eine konservative Linie haben und Abweichlern skeptisch gegenüber stehen. Das heißt, wenn sie im Sinne der USA einen Roman schreiben, wie etwa "der Afghane" und damit erklären wollen, dass Natoeinmarsch und Okkupation, richtig waren, dann wird ihr Werk verlegt und bekannt gemacht. Wenn sie sich damit allerdings kritisch auseinandersetzen, dann gibt es keinen Weg zum Erfolgsschriftsteller. Man könnte sagen, schreibe ich einen Roman der unpolitisch ist, dann müsste es doch gehen, nur es gibt nichts das völlig unpolitisch wäre. Ihre Protagonisten bewegen sich in einem Umfeld, dieses Umfeld ist geprägt durch politische Vorgaben die in der einen oder anderen Form von den handelnden Personen goutiert oder abgelehnt werden.
Ein Autor wie etwa Akif Pirinçci hat das erkannt und hat sich als "Islamophober Türke", seine Erfolgsnische eingerichtet.
Schauen sie sich einfach mal die Spiegel Bestsellerliste an, etwas das sich kritisch mit dem "US-Hegemon" beschäftigt, das werden sie da nicht finden.
Also, mal so einen Einwurf in die Runde:
Hat sich schon einmal jemand hier Gedanken über den entsprechenden Unterschied gemacht zwischen fiktionalen und nicht-fiktionalen Text unter dem Gesichtspunkt des jeweiligen Autors?
Ich kann ja keinen Roman mit einem Sachbuch vergleichen und die Autoren so einfach auch nicht. So ein "Genosse" wie Sarazin schreibt ein "Sachbuch" mit dem Titel "Deutschland schafft sich ab", nur sachlich ist vieles falsch, unkorrekt ausgelegt und pauschalisiert.
Mein Fazit
Es kommt drauf an, ob ein Autor so was wie eine Deutungshoheit (Autorität) besitzt. Es kommt immer auf die richtige Interpretation der objektiven Fakten an. Die einzig wahre Methode zur Interpretation ist die historisch-kritische Methode aktualisiert durch die modernen Sozialwissenschaften, ggf. unterstützt durch naturwissenschaftliche Verfahren.
Wo haben Brownies das je geleistet ?
--
Wie immer, keine Zeit.
Zitat von Till im Beitrag #1[…] lässt sich in der Tat erahnen, wie Kauf- und Lesegewohnheiten den Buchmarkt längst beherrschen; einen aktuell grad wieder mal arg schrumpfenden Markt, dessen Akteure zurecht langsam um ihre Existenz bangen. Allerdings war schon in den soäten 70er Jahren Brancheninsidern bekannt, dass Bestseller keinen kulturellen Reichtum schaffen - diese Erkenntnis hat übrigens der langjährige Leiter der Westberliner Handelskammer formuliert. Günter Braun.
[…] Betrachtet man oberflächlich die diversen Bestseller-Listen, […]
Wirtschaftlich mögen Bestseller (solange es nur ein Bruchteil der gesamten Buchproduktion ist) ja ihre Bedeutung haben - aber Bestseller sind eben Bücher, die von Leuten konsumiert werden, die nicht an Büchern, an Literatur, an Geistesleben interessiert sind, sondern daran, an aktuellen Trends teilzuhaben.
Auch wenn der Verfasser dieser Worte […]
Zitat von Gast im Beitrag #18[…] hier offenbar nicht mehr aktiv ist: Der von im angesprochene […]
Ich kann ja keinen Roman mit einem Sachbuch vergleichen […]
Zitat von Gast im Beitrag #18[…] ist im Zusammenhang mit dem Strangthema unerheblich, denn die Eigenschaft, Bestseller zu sein, ergibt sich nicht aus der Kategorie, in die das Buch einsortiert ist, sondern allein aus seinen (zeitweiligen) Verkaufszahlen. Es mag vorkommen, dass selbst in der Spiegel-Bestenliste auftauchende Titel von Sachbüchern, gemessen an den Auflagenhöhen mancher Romane eher unbedeutend sind - anderseits gibt es auch Bücher, die sich eher langfristig durchsetzen - unter den Sachbüchern etwa der Pschrembel, der mittlerweile auch schon in seiner 267. Auflage vorliegt!
[…] Unterschied zwischen fiktionale[m] und nicht-fiktionale[m] Text […]
Zitat von Jackdaw im Beitrag #20
Es mag vorkommen, dass selbst in der Spiegel-Bestenliste auftauchende Titel von Sachbüchern, gemessen an den Auflagenhöhen mancher Romane eher unbedeutend sind - anderseits gibt es auch Bücher, die sich eher langfristig durchsetzen - unter den Sachbüchern etwa der Pschrembel, der mittlerweile auch schon in seiner 267. Auflage vorliegt!
Ich muss gestehen, ich hatte noch nie etwas von dem Pschyrembel gehört und habe erst einmal googlen müssen. Beachtlich.
Ich glaube, der größte Bestseller aller Zeiten jedoch ist nach wie vor die Bibel?
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Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
Zitat von Anthea im Beitrag #21
Ich glaube, der größte Bestseller aller Zeiten jedoch ist nach wie vor die Bibel?
Das glaube ich auch. So ists jedenfalls zu lesen.
Die Informationsquelle fuer Medizin Pschyrembel kann ich aber einem Laien nicht empfehlen. Der Pschyrembel fuer Gynaekologie und Geburtshilfe ist fuer eine Schwangere der absolute Horror. Ich spreche aus eigener Erfahrung.. ist allerdings schon eine Weile her.
Zitat von Anthea im Beitrag #21Die Bibel war in der christianisierten Welt ja lange Zeit das einzige Buch, das die damaligen weltlichen und geistlichen Herrscher geduldet haben, und noch Jahrhunderte nach Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern mag die Bibel in zahllosen Haushalten weiterhin das einzige Buch gewesen sein… andererseits existiert jenes "Buch der Bücher" in unzähligen Varianten, dass (u.a. je nach Konfession) gar nicht so ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass zwei Ausgaben oder Exemplare tatsächlich dasselbe Buch enthalten… natürlich gibt es mittlerweile eine Einheitsbibel (eine der der katholischen Kirche, eine der evangelischen), und das "Alte Testament" (daher übrigens rührt ja der Name "Buch der Bücher", weil die Bücher der einzelnen Propheten des alten Israel darin versammelt sind) ist für sich genommen ja bereits das Heilige Buch des Judentums. Hinzu kommen etliche Apokryphen (das sind weitere Legenden und Texte, die in die offizielle Bibel nicht aufgenommen wurden) und unterschiedliche Übersetzungen, Auslegungen, Lobpreisungen, die vor allem bei einzelnen Sekten als der Heiligen Schrift zugehörig betrachtet werden…
[…] Ich glaube, der größte Bestseller aller Zeiten jedoch ist nach wie vor die Bibel?
Heute ging doch grad durch die Medien, dass für den diesjährigen Nobelpreis für Literatur wieder mal ein Empfänger gefunden worden wäre - diesmal ist's, Moment, ich muss den Namen noch mal nachschauen, Kazuo Ishiguro. Zugegebenermaßen hab' ich bislang nix von ihm gelesen, aber der bereits verfilmte Erfolgstitel "Was vom Tage übrig blieb" soll von ihm verfasst sein. Das Nobelpreiskomitee bleibt sich also treu, und vergibt das Preisgeld an eher "gefühlsbetonte" Autoren.
Zitat von Jackdaw im Beitrag #24
Heute ging doch grad durch die Medien, dass für den diesjährigen Nobelpreis für Literatur wieder mal ein Empfänger gefunden worden wäre - diesmal ist's, Moment, ich muss den Namen noch mal nachschauen, Kazuo Ishiguro. Zugegebenermaßen hab' ich bislang nix von ihm gelesen, aber der bereits verfilmte Erfolgstitel "Was vom Tage übrig blieb" soll von ihm verfasst sein. Das Nobelpreiskomitee bleibt sich also treu, und vergibt das Preisgeld an eher "gefühlsbetonte" Autoren.
Ich gebe zu, auch noch nichts von Kazuo Ishiguro gelesen zu haben. Allerdings habe ich die großartige Verfilmung seines Buches "Was vom Tag übrig blieb" gesehen. Die Charakterstudie eines Mannes, der im Grunde genommen an sich selbst scheitert. Und zurück in seine persönliche Einsamkeit geht. Pflichttreue, Ergebenheit, alles, was ihm bleibt. Hervorragend in der Rolle des Butlers war Anthony Hopkins.
Ich denke, dass viel Gefühl dazu gehört, Stimmungsbilder zu malen - mit dem Pinsel und mit Worten. Bilder, die ergreifen, die atemlos machen, mitempfindend. Verstörend.
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Rainer Maria Rilke
Zitat von Anthea im Beitrag #25Ich persönlich würde es eher so ausdrücken, dass diese emotionalen Stimmungsbilder recht geschäftstüchtig sind - aber kein literarischer Mehrwert.
[…] Ich denke, dass viel Gefühl dazu gehört, Stimmungsbilder zu malen - mit dem Pinsel und mit Worten. Bilder, die ergreifen, die atemlos machen, mitempfindend. Verstörend. […]
Zitat von Jackdaw im Beitrag #26Zitat von Anthea im Beitrag #25Ich persönlich würde es eher so ausdrücken, dass diese emotionalen Stimmungsbilder recht geschäftstüchtig sind - aber kein literarischer Mehrwert.
[ ] Ich denke, dass viel Gefühl dazu gehört, Stimmungsbilder zu malen - mit dem Pinsel und mit Worten. Bilder, die ergreifen, die atemlos machen, mitempfindend. Verstörend. [ ]
Da widerpreche ich.
Ein wirklicher Künstler gibt in seine Werke seine Seele mit hinein, seine Emotionen. All das feinfühlig, begreifend - und mit seiner Fantasie gepaart, die Kognition, sprich: Eigenerleben ersetzt. Nur dann wird es Menschen beim Lesen ergreifen können.
Wenn jemand jedoch nur ein Freund von Sachbüchern oder nüchternen Biografien ist, wobei man sich bei manchen fragen kann, ob es "wert" ist, deren Vita der Nachwelt zu erhalten, dann wird derjenige mit "Belletristik" nichts anfangen können.
"Geschäftstüchtig" sind solche von Ghostwritern geschriebenen Machwerke, die sich mit lebenden Promis befassen. Oder wenn ein Schreiberling "Lebenshilfen" anbietet.
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Hier übrigens die DVD zum Film.
Ich habe jetzt diverse Rezenzionen über verschiedene Bücher von Kazuo Ishiguro gelesen, was mich dazu veranlasst, mir auch ein Buch zu bestellen. "Atmosphärisch, intensiv, packend" "Zwischen Allegorie und Unmittelbarkeit", so Stimmen über "Der begrabene Riese".
" [...] Ich halte ihn für Ishiguros bestes Buch, es ist in distanzierter und nachdenklicher Sprache geschrieben und ohne näher auf den Inhalt einzugehen - die Bilder, die er schafft, bewirken, dass der Leser sogar mit grausamen Menschenfressern Mitleid hat. Eine Meisterleistung und ein Verlust für den, der es nicht liest." aus einer Rezenzion
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RE: Muss Belletristik reine Unterhaltung sein?
in Literatur 06.10.2017 10:00von Jackdaw • | 454 Beiträge
Zitat von Anthea im Beitrag #27In der Tat ist mit Belletristik, die zunehmend immer nach demselben Strickmuster geschrieben ist, immer weniger "anzufangen"… die Erfolgsrezepte des gegenwärtigen Buchmarkts heißen "Fantasy", "Historischer Roman", "Regiokrimi" und "Popliteratur". Dementsprechend hat sich auch das Berufsbild des Schriftstellers hin zu einer Mischung aus Dienstleistungsgewerbe und Kleinkunsttheater gewandelt, was durchaus als Konsequenz des Eingehens auf die Kundenbedürfnisse verstanden werden kann.
[…] Wenn jemand jedoch nur ein Freund von Sachbüchern oder nüchternen Biografien ist, wobei man sich bei manchen fragen kann, ob es "wert" ist, deren Vita der Nachwelt zu erhalten, dann wird derjenige mit "Belletristik" nichts anfangen können. […]
"Fantasy" lässt fiktive Helden Abenteuer in Welten erleben, deren Märchenhaftigkeit Eskapismus pur ermöglicht… der "historische Roman" verlegt die Wiederholung der Erzählung einer Lebensgeschichte oder die Personenkonstellation eines klassischen Dramas in die Kulisse eines längst vergangenen Zeitalters, dessen jeweiliges Zeitkolorit aus Film, Theater, den kostümierten Stadtführungen örtlicher Tourismusverbände und multimedialen Museumspräsentationen bekannt scheint, der "Regiokrimi" bedient sich des Lokalkolorits touristisch vielbesuchter Städte oder Landschaften, um dort Morde geschehen und aufklären zu lassen… und die "Popliteratur" erzählt uns von Jugend und Jugendsünden oder vom Alltag in der Neuzeit, nicht ohne sich dabei der heutigen Alltagssprache zu bedienen und all die schönen Dinge aufzuzählen oder einzustreuen, die in der kollektiven Erinnerung sowieso hängengeblieben sind - Songtitel, die mal in Dauerrotation im Radio gespielt wurden, historische Ereignisse, die wochenlang in den Nachrichten präsent waren, Markenklamotten, denen man im Straßenbild laufend begegnete…
Aber letztlich ist diese Trivialisierung der Literatur insgesamt vom Markt gewollt, und so schrumpfen die Marktnischen, bis für deren Liebhaber bald kein einziger Titel mehr angeboten wird. Ein britischer Schriftsteller, der der experimentellen Literatur zugerechnet wurde, hatte in einem seiner wenigen Romane, deren Erzählstrom immer wieder mal unterbrochen wurde, an einer Stelle daran erinnert, dass jede Mutter ihr Kind zu ermahnen pflegt, keine Geschichten zu erzählen, weil dies nur bedeute, zu lügen… Telling stories is telling lies. (B.S. Johnson "Albert Angelo", erstveröffentlicht 1964)
Und die Ironie unserer Zeitgeschichte ist, dass keine zwanzig Jahre später Feuilleton, Buchmarkt und Literaturkritiker ausdrücklich zu verlangen begannen, dass Autoren sich vor allem stärker darauf besinnen sollten, Geschichten zu erfinden und als Erzähler zu brillieren. Das Resultat erleben wird heute - und so sind Buchhandlungen und Bibliotheken heute keineswegs mehr, was Klaus Staeck doch so gegen 1980 unter Verwendung des Bildmotivs von Carl Spitzwegs "Büchernarr" auf einem seiner Plakate verkündete, "Gefährliche Brutstätten des Geistes"
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