Die Grünen entstammen in ihren Ursprüngen einer politisch eher linken Tradition. Die meisten, welche in den Anfangsjahren, d.h. in den 80ern die Grünen wählten, waren vorher SPD-Wähler aus deren linkem Parteiflügel. Es war damals nicht nur eine Ökobewegung, sondern auch eine Antirüstungs- und Antipatriarchatsbewegung usw.
Dass die grünen Wähler diejenigen mit dem höchsten Durchnittseinkommen sind, hat auch damit zu tun, weil die grüne Bewegung ursprünglich in starkem Maße aus einer Studenten – und Akademikerbewegung hervorging und diese Leute heute überwiegend zur gehobenen Mittelschicht gehören.
Auch wenn von Anfang an durchaus ein konservatives Gedankengut in der grünen Bewegung steckte, sind sie doch überwiegend Spross aus der SPD.
Dass es 1982 zum Regierungswechsel von Schmidt zu Kohl kam, lag auch an der Entstehung der Grünen, was schon innerparteilich in der SPD für ziemliche Unruhe sorgte und dazu führte, dass Helmut Schmidt, noch weniger als vorher, alle hinter sich hatte. Genscher bestätigte das später einmal öffentlich, indem er die Zerrissenheit innerhalb der SPD als mitausschlaggebend für seinen Koalitionsweschsel zur Union hin nannte.
Dieses, eher zum politisch linken Lager tendierende Spektrum gibt es in durchaus ansprechender Stärke auch heute noch, trotz eines gewissen Wandels der Grünen.
Mit der Entscheidung, Frau Göring Eckardt und Cem Özdemir zu den Spitzenkandidaten zu machen, entschied man sich auch für deren Position einer deutlichen Annäherung an die Union und auch an die FDP und verprellte damit die linke Flanke innerhalb der Grünen.
Noch kurz vor der Bundestagswahl waren sich einige in der grünen Parteispitze nicht sicher, ob man überhaupt die 5% Hürde nehmen würde. Bei der Wahl kam dann Erleichterung auf, weil das Ergebnis dann doch deutlich besser als die letzten Umfragen war.
Ich habe in meinem persönlichen Umfeld einige Menschen, die traditionell grün wählen, dies aber eigentlich bei dieser Wahl nicht vorhatten, sondern Linke, die SPD oder gar nicht wählen wollten und die sich kurzfristig doch noch für die Grünen entschieden, weil sie mit ihrer grünen Stimme ein klares Votum gegen die AfD zum Ausdruck bringen wollten.
Diese einzelnen Leute in meinem Umfeld müssen nicht für die Mehrheit stehen, welche aber ebenfalls allem Anschein nach in den letzten Stunden vor der Wahl noch ihre Entscheidung änderte. Aber interessant ist diese Tatsache vor allem deshalb, weil die Grünen dann anschließend bei der Niedersachsenwahl abgewatscht wurden, wo die AfD kaum eine Rolle spielte und nach den Wahlanalysen genau das geschah, dass nämlich die Abgänge der Grünen überwiegend bei SPD und Linken landeten.
Wie zu lesen ist, versteht sich vor allem Cem Özdemir auch politisch mit dem einen oder anderen FDP-Vertreter überaus gut, was natürlich nicht verboten ist.
Man kann zu den Grünen stehen wie man möchte. Aber schon die SPD verlor dauerhaft und massiv einen sehr großen Teil ihrer bisherigen Wähler durch die Agenda Schröders, also durch einen klaren Sündenfall, was die bisherigen und traditionellen SPD-Prinzipien ausmachte. Durch eine politisch neue Standortbestimmung.
Wenn die Grünen jetzt dauerhaft zusätzlich auch noch im selbem Teich (der vielbeschworenen Mitte) fischen, auf Kuschelkurs mit Union und FDP gehen, dann dürften sie auch ihren politisch linken Flügel verlieren, an Linke oder aktuell sogar an die SPD.
Dann kann es durchaus sein, dass die Zeiten, in denen Grüne bei vielen Wahlen auch schon mal deutlich über 10% lagen, eher vorbei sind. Mit ganz wenigen Ausnahmen.
Jamaika kann auch dazu führen, dass die Grünen aus dem nächsten Bundestag herausfliegen. Denn das, was die Grünen links verlieren, müssen sie rechts erst einmal dazu gewinnen. Aber rechts der Grünen sind Leute, welchen die Ansichten der Grünen zur Migrationenspolitik eher nicht gefallen.