Während meiner Zeit in England habe ich einmal einen Sikh-Tempel besucht. Alleine hätte ich das nicht gemacht. Aber ich kannte damals eine nette Inderin, die mich dort mitnahm.
Die Sikhs haben im Gegensatz zu den Hindus kein Kastensystem. Im indischen Bundesstaat Punjab leben die meisten Sikhs, ja sie haben hier die Mehrheit. Punjab ist unter den Top 5 in der menschlichen Entwicklung der indischen Bundesstaaten. Ob es an der Religion liegt? Grob kann man sagen, das Sikh die Vorteile des Islam und des Hinduismus einen: die Kastenfreiheit beim Islam und die religiöse Toleranz gegenüber anderen Religionen bei den Hindus. Im 15. Jh entstanden, was ja zumindest Nordindien unter islamischer Herrschaft.
Es war der Eintritt in eine mir völlig fremde Welt. Zuerst musste ich eine Art Kopftuch für Männer anziehen. Das war auch reichlich verfügbar. Die Inderin kam übrigens im schönsten Kleid, eine Art Sari. Doch der "Gottesdienst" fand für Männer und Frauen getrennt statt. Sie sagte mit, Ewas zu tun sei, um keine Fehler zu machen und drückte mit eine 1-Pfund-Münze in die Hand, die ich irgendwann in den Opferstock legen sollte. Und ich fand mich im Gebets- oder soll ich besser sagen: Meditationsraum wieder. Ich beobachtete die anderen Leute und tat es ihnen, so gut ich konnte, nach. irgendwelche dummen Fehler will ich nicht machen. Alle saßen auf dem Teppichboden im Schneidersitz und waren in sich versunken. Ich setzte mich auch so hin und lauschte der Meditationsmusik. Sowas wie eine Predigt gab es nicht. Irgendwann stand einer auf, ging nach vor, wo ein älterer Mann (eine Art Priester?) war, verbeugte sich leicht, warf eine Münze in einen dafür vorgesehen Behälter rein, und verließ den Raum. Ich hatte ein Gefühl, das man am besten so beschreiben kann: "Wo bin ich da bloß hingeraten?"
Nach etwa 20min - die Schmerzen durch den für mich ungewohnten Schneidersitz nahmen zu - stand ich auch auf, ging nach vorn und sah, dass der "Priester" stets mit einem Wedel nach recht und nach links wedelte (vermutlich eine Art Reinwaschung von den Sünden). Ich warf die Münze in den dafür vorgesehenen Behälter rein und ging nach draußen.
Es war aber noch nicht vorbei. Denn dann ging es zum gemeinsamen Mittagessen, aber weiterhin geschlechtlich getrennt. Ich war also unter lauter fremden Menschen, deren Sprache ich überhaupt nicht verstand (wahrscheinlich Punjabi), und ich erhielt wie die anderen ein kostenloses Essen. Die Kopfbedeckung sorgte allerdings für gewissen Anonymität. Nun, das war indische Hausmannskost, nicht einmal schlecht (auf jeden Fall deutlich besser als die britische Standardküche), aber für meine Geschmacksnerven ziemlich scharf. Zum Glück sorgten Milchshake-artige Getränke für gewissen Ausgleich.
Erst nach dem Essen konnte ich mich mit der Inderin wieder treffen. Es war letztlich eine völlig andere Art von Glaube, so dass ich es überhaupt nicht einordnen konnte. Die einzige Gemeinsamkeit mit den Punjabis ist wohl, dass Punjabi eine indo-europäische Sprache ist...