Es gibt ein interessantes Phänomen in unserem Land. Die AfD hat bis auf wenige Ausnahmen im Schnitt in den Regionen ihre besten Wahlergebnisse, in denen es die prozentual geringsten Anteile von Migranten gibt.
Die Angst vor Überfremdung scheint mit wenigen Ausnahmen je höher, desto geringer der Anteil Fremder ist. Ist Angst vor Überfremdung etwa eine psychische Erkrankung?
Bei der vergangenen Bundestagswahl hatte die AfD ihr bestes Ergebnis von fast 50% in einer Gemeinde mit weniger als 1% Fremdenanteil.
Ist die Frage berechtigt, ob Flüchtlinge und Migration fremdkultureller Menschen nicht in Wirklichkeit nur eine Art Katalysator für eine ganz andere Art von Unzufriedenheit sind, welche andere Hintergründe hat als die scheinbar gesichert unterstellten?
So einfach ist die Sache, wie sie die ersten drei Abschnitte meines Beitrags zu suggerieren scheinen, natürlich trotzdem nicht.
Ich lebe in einer Kreisstadt mittlerer Größe in den alten Bundesländern. Hier haben längst mehr als 30% der Bevölkerung fremdkulturelle Wurzeln, wenn auch manche bereits in der zweiten oder dritten Generation oder die wenigstens seit 20-30 Jahren hier leben und die nicht selten sogar den hiesigen Dialekt sprechen. Der gebürtige Afghane, Iraner oder Marokkaner, der akzentfrei deutsch spricht, ist hier keine Seltenheit, begegnet einem im Alltag beinahe auf Schritt und Tritt.
Die AfD hatte in meiner Stadt eines seiner schlechtesten bundesweiten Einzelergebnisse mit unter 10%.
Trotzdem hatte die AfD ihr mit Abstand bestes Teilergebnis genau in dem Stadtviertel, in dem sich die beiden Flüchtlingsheime befinden, d.h. genau dort, wo die Bewohner die Flüchtlinge direkt vor ihrer Haustüre haben, was gleichzeitig auch das Stadtviertel ist, indem der Anteil der Wähler mit Migrantenwurzeln und deutschem Pass am höchsten ist.
Das Thema scheint komplexer zu sein als man es sich wünschen würde, jedenfalls dann, wenn man einfache Erklärungen für komplexe Fragen bevorzugt.