Moin liebe Gemeinde,
diese Episode meines Lebens ist auch schon etwas länger her, aber war eine Herausforderung. Dabei wollte ich nur brav singen. 
"Ehre sei Gott – aber bitte mit Luft"
(Ein weihnachtlicher Zwischenfall mit Folgen für Atemtechnik und Ehre Gottes)
Es begab sich aber zu der Zeit – also an einem kalten Dezembernachmittag –, dass der Dirigent unseres Weihnachtsoratoriums plötzlich das Zeitliche nicht segnete, aber zumindest das Probenlokal verließ. Diagnose: Grippe, Fieber, Ausfall. Diagnose bei mir: „Ernst, du machst das.“
Ich war eigentlich nur Bassbariton im Chor.
Meine Hauptaufgabe bestand darin, tief zu singen, wenig zu atmen und dabei so zu tun, als wäre „Großer Herr und starker König“ ein gemütlicher Spaziergang durch den Barock.
Plötzlich stand ich da. Vor Chor und Orchester. Ohne Taktstock. Ohne Probentage. Ohne Beruhigungstee.
Aber mit der festen Überzeugung: „Wenn Bach das geschafft hat, dann schaffe ich das auch.“
Ich hob die Hände. Alle schauten mich an. Ich schaute zurück.
Es war wie bei Loriot: Man wusste nicht genau, wer führt – aber es funktionierte.
Dann kam das heilige Thema: „Ehre sei Gott in der Höhe.“
Ich erinnerte mich an vergangene Jahre, in denen dieser Satz regelmäßig in Rekordgeschwindigkeit ins Publikum geschleudert wurde, als wolle man Gott möglichst schnell und effizient ehren, bevor die zweite Kerze ausgeht.
Ich fragte also in der Generalprobe vorsichtig:
„Seid ihr einverstanden, wenn wir das ein wenig... atmen lassen?“
Alle nickten. Chorleute wissen: Wenn man beim Singen blau anläuft, ist etwas schiefgelaufen.
Und so sangen wir: getragen, festlich, würdevoll –
nicht wie ein ICE auf Engelsgleisen, sondern wie ein feierlicher Himmelsmarsch im Dreiertakt.
Ein Zuhörer sagte hinterher:
„So langsam habe ich das noch nie gehört – aber auch noch nie so schön.“
Ich nickte.
Denn: Gott hat es nicht eilig.
Und seine Engel vermutlich auch nicht.