Moin !
Hier ein Kapitel meines Buches. Ich habe mich entschlossen, nicht nur meine skandalöse Kantorenzeit zu publizieren. Auch meine Jugendsünden gehören dazu.
Kapitel: Die Unterhose der Freiheit
Es war eine jener Nächte, in denen der Bass die Körper dirigierte und die Vernunft höflich draußen warten musste. Der Ort: „Flash“ – eine Disco in Celle, meine Jugend, mein Revier. Die Musik: laut, lebendig, gnadenlos elektrisierend. Ich: jung, sportlich, mit Sixpack und Selbstvertrauen.
Ich tanzte nicht, um jemanden abzuschleppen – ich tanzte, weil ich tanzen musste. Es war mein Ausdruck, mein Ventil, mein Gebet in Beats pro Minute. Ich bewegte mich nicht nach Regeln, sondern nach Gefühl – und das war offenbar so eigenwillig, dass sich irgendwann die Tanzfläche leerte und mir zugeschaut wurde.
Dann kam Private Dancer. Tina Turner hauchte durch die Boxen, und irgendetwas in mir sagte: Weniger ist mehr. Erst flogen die Schuhe. Dann die Hose. Dann das T-Shirt. Und schließlich stand ich da – ganz selbstverständlich – in meiner Unterhose. Weiß. Baumwolle. Würdevoll.
Das war kein Striptease. Das war Selbstverwirklichung. Und die Kleidung war – mit Verlaub – einfach zu warm.
Was ich nicht wusste: Während ich mich tanzend befreite, wurde meine Kleidung offenbar zur Rarität. Teile davon verschwanden in den Händen anderer Gäste, die sie später als „Reliquien des wilden Ernst“ in Umlauf brachten. Ich sage: Sollen sie.
Was folgte, war weniger mystisch: Ich wurde von etwa zehn Mädchen verfolgt, die offensichtlich andere Erwartungen an meine spontane Darbietung hatten. Ich hingegen wollte einfach nur meine Ruhe – und meine Hose zurück.
Am Ende fand ich mich auf dem Heimweg wieder. In Unterhose. Ohne Schuhe. Ohne Schlüssel. Aber mit Haltung. Ein Passant fragte, ob ich Hilfe brauche. Ich sagte: „Nein danke. Ich bin auf dem Heimweg von mir selbst.“
Noch heute, wenn ich Freunde in meiner Heimatstadt besuche, tauchen die Fotos auf. Man prostet mir zu. Man lacht. Und ich lache mit. Denn ich weiß:
Ich habe nichts bereut.
Ich habe alles richtig gemacht.
Ich war ich.
Und ich war frei – in jeder Hinsicht.
Alles Gute aus Hamburg